Der Blutkreislauf

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Sie bekommen die Version dieses eBooks (Band 2 der eBook-Reihe) in verschiedenen Formaten:


Vorbemerkungen

Um das Herz und den Kreislauf zu verstehen müssen Sie zunächst etwas über die Grundfunktionen eines Körpers wissen:

Jeder Körpers eines Lebewesens besteht aus unzähligen Zellen, die äußerlich in einer speziellen Form arrangiert wurden. Bei einem Menschen ist dies die äußere Form eines Menschen und bei einem Hund diejenige eines Hundes gegossen.

Bei diesen Zellen, aus denen ein Lebewesen besteht handelt es sich nun nicht ausschließlich um denselben Zellentyp, sondern es handelt sich um verschiedenartige und z.T. sehr spezialisierte Zellen, die unterschiedliche Aufgaben zu erfüllen haben. Einige Zellen sollen beispielsweise die Arme bewegen (das sind Muskelzellen), andere sollen den Körper stützen (das sind die Knochen), wiederum andere sollen Hormone produzieren, elektrische Impulse leiten oder nachdenken und dann gibt es schließlich auch noch solche Zellen, die den ganzen Körper des Lebewesens nach außen umschließen und abdichten sollen (das sind die Hautzellen).

Es gibt also eine Vielzahl verschiedener Zellen, die die verschiedensten Aufgaben haben. Und um diese Aufgaben wahrnehmen zu können benötigen sie Rohstoffe, aus denen sie ihre jeweiligen spezifischen Produkte herstellen und Energie gewinnen können.

Ebenfalls ist es erforderlich, daß die Zellen die „Abfallprodukte“ ihres Stoffwechsels „entsorgen“, denn diese Abfallprodukte sind in vielen Fällen giftig.

Aus diesen Gründen sind alle Organe und innerhalb jeden Organs jede einzelne Zelle an Blutgefässe angeschlossen. Diese Gefäße sind vergleichbar mit dem Arbeitsprinzip einer Fabrik (Kaffee-Maschinen-Fabrik in Abb. 1):

Abb. 1

Im Hafen kommt das Öl an, das die Kaffeemaschinenfabrik für den Betrieb ihrer Stromgeneratoren benötigt. Der Strom ist dabei die Energiequelle, die die Maschinen benötigen, um arbeiten zu können.

Im Hafen kommt ebenfalls auch die Rohmasse an, aus der die Firma Plastex den Kunststoff für die Gehäuse der Kaffeemaschinen macht.

Die Firma Schraubex GmbH in einem anderen Stadtteil stellt die Schrauben her, die in den Kaffeemaschinen verbaut werden.

Und die Glashütte schließlich liefert das Glas für die Kaffeekannen.

Sie können der Abb. 1 entnehmen, daß dieselben Straßen für den Transport der verschiedensten Materialien verwendet werden:

Tankwagen transportieren das Öl, Lastwagen der verschiedenen Firmen Kunststoff-Rohmasse, fertigen Kunststoff, Glastransporter das Glas aus der Glashütte, Lastwagen der Firma Schraubex GmbH die Schrauben und schließlich fahren Müllwagen den Abfall zur Verbrennungsanlage. Es gibt also verschiedene Transportvehikel, die aber stets auf dem Transportweg „Straße“ fahren.

Im Kreislauf läuft dies ähnlich:

Transportmittel sind hier natürlich keine Lastwagen, sondern das Blut und die Transportwege sind hier keine Straßen, sondern Blutgefäße. Der Rohstoff für die Aufgaben der Zellen sind Zucker, Eiweiß und Fett; die Energie wird in Gestalt von Sauerstoff geliefert.

Wie das im Einzelnen funktioniert können Sie in Band 1 über den Stoffwechsel lesen.

Das Blut transportiert die verschiedenen Substanzen nicht in speziellen Behältern (so wie Lastwagen), sondern die Substanzen sind im Blut aufgelöst, sodaß das Blut im Grunde genommen „nur“ eine Transportlösung ist, in der die verschiedenen Substanzen in gelöster Form transportiert werden. Lediglich der Sauerstoff, den der Stoffwechsel als Energielieferanten (siehe Kapitel „Stoffwechsel“) benötigt wird mit speziellen Transportmitteln (den roten Blutkörperchen (= Erythrozyten)) befördert.

Die Transportwege, auf denen das Blut fließt sind anders gebaut als das Straßennetz einer Stadt wie in Abb. 1:

Es gibt nämlich zu- und abführende Blutgefäße.

Diese Definition von Arterien und Venen ist zwar logisch, gibt die Verhältnisse im menschlichen Körper allerdings nicht ganz korrekt wieder. Man kann sich ganz allgemein merken:

Die beiden genannten Definitionen schließen sich nicht gegenseitig aus.

Die 2. Definition beschreibt die Verhältnisse im menschlichen Kreislauf, der ja im Grunde genommen aus 2 Kreisläufen besteht aber besser. Was es mit den „2 Kreisläufen“ auf sich hat werden Sie im nächsten Abschnitt erfahren.

Prinzip des Blutkreislaufs

Der Kreislauf hat die Aufgabe, die Rohstoffe, die die Zellen zur Produktion ihrer jeweiligen spezifischen Produkte und zur Energiegewinnung benötigen an die Zellen anzutransportieren und die Abfallprodukte des Stoffwechsels zur Entsorgung weg zu schaffen. Die Rohstoffe nimmt man als Mensch auf 2 Wegen zu sich:

Zucker, Eiweiß und Fett werden gegessen, d.h. sie gelangen über den Magen und den Darm in den Körper, Sauerstoff wird mit der Lunge eingeatmet.

Vom Darm bzw. der Lunge aus müssen diese Substanzen nun zu den einzelnen Zellen transportiert werden.

Abb. 2

Vom Ort der Aufnahme in den Körper, also vom Darm oder den Lungen aus werden diese Rohstoffe über Schlagadern oder Arterien zu den einzelnen Organen transportiert.

Auch für den Abtransport der Abfallprodukte des Stoffwechsels der Zellen gibt es Blutgefäße, die man „Venen“ nennt. Und so ist jede Zelle, wie schon erwähnt, nicht nur an ein zuführendes Blutgefäß (Arterie), sondern gleichzeitig auch an ein abführendes Gefäß (Vene) angeschlossen (Abb. 2).

Abb. 3

Beide Gefäßarten sind nun in einer bestimmten Weise miteinander verbunden, sodaß das Blut immer im Kreis fließt. Und das Herz ist der Motor dieses Kreislaufes. Aber alles der Reihe nach.

Nehmen wir einmal den Sauerstoff.

Theoretisch funktioniert der Kreislauf nach dem Prinzip einer Heizung, Sie sehen dies schematisch in Abb. 3 abgebildet:

Im Keller steht ein großer Heizkessel mit Wasser. Hier wird das Wasser durch den Brenner (Öl oder Gas) erwärmt.

Angeschlossen an den Heizkessel sind (Zufluß-) Rohre, durch die das warme Wasser zu den Heizkörpern in den einzelnen Zimmer fließt.

Damit das Wasser „nach oben“ ins Haus gelangt muß es gepumpt werden. Zuständig hierfür ist die Pumpe der Heizungsanlage (in Abb. 3 symbolisiert durch rote Leitungen, in denen warmes Wasser strömt).

In den Herzkörpern gibt das Wasser seine Wärme an den Raum ab, wobei es sich wieder abkühlt.

Das kalte Wasser fließt nun durch (Abfluß-) Rohre (in Abb. 3 blau symbolisiert) wieder zum Heizkessel zurück, wo es wieder erwärmt wird und der Kreislauf erneut beginnt.

Film 1
Abb. 4

In einem kleinen Haus mit nur wenigen Herzkörpern funktioniert das nach diesem Prinzip auch gut. Wenn es sich aber um ein großes Haus mit zahlreichen Heizkörpern handelt wird ein großer Druck benötigt, um das Wasser sowohl durch die Herzkörper als auch durch den Brenner zu pumpen. In diesen Fällen reicht eine einzelne Pumpe nicht mehr aus, um Wasser durch sämtliche Heizkörper zu pumpen (wie in Abb. 3), sondern man benötigt 2 Pumpen (Film 1):

Die eine pumpt das kalte Wasser aus den Heizkörpern in den Brenner, die andere das warme Wasser aus dem Heizkessel in die verschiedenen Heizkörper (siehe Pfeile in Abb. 4).

Um das Heizungsbeispiel auf den menschlichen Kreislauf zu übertragen stellen Sie sich vor, daß der Brenner die Lunge (es gibt 2 Lungenflügel) und daß die Heizkörper die verschiedenen Organe des Körpers darstellen (Film 2).

Film 2

Dieses Prinzip kann man graphisch auch ein wenig anders darstellen (Film 3).

Film 3

In Film 4 sehen Sie dann, wie das funktioniert.

Film 4

Nach diesem Prinzip, nämlich mit 2 Pumpen funktioniert auch der Blutkreislauf des Menschen (ebenso wie derjenige meines Dackels Heidi):

Film 5

Und man kann Herz und Kreislauf schließlich noch auf eine weitere Art darstellen (Film 5).

Diese Darstellung werden Sie in einem späteren Kapitel über die verschiedenen Herzfehler häufiger sehen, daher zeige ich es Ihnen schon jetzt an dieser Stelle. Auch hier sehen Sie wieder das Grundprinzip des Kreislaufes (Film 6):

Film 6

Das „verbrauchte“ sauerstoffarme Blut (blaue Kugeln) fließt aus den verschiedenen Organen zunächst zum Herzen hin und wird dann von hier aus durch die Lungen gepumpt.

In den Lungen wird das Kohlendioxyd (CO2) in die Atmungsluft abgegeben und stattdessen aus derselben Atmungsluft mit frischem Sauerstoff (O2) geladen.

Dieses „frische“ Blut (rote Kugeln in Film 6) fließt dann wieder zum Herzen und wird nachfolgend zu den verschiedenen Organen gepumpt.

Hier gibt es den Sauerstoff an das Gewebe der Organe ab.

Abb. 5

Das sauerstoffarme Blut fließt dann wieder zum Herzen zurück und der Kreislauf beginnt erneut. Sie sehen dies in Film 6.

Im Grunde genommen besteht das Herz also aus 2 Pumpen, die 2 Kreisläufe zu bedienen haben (Abb. 5):

Denjenigen Kreislauf, der die einzelnen Organe mit Blut versorgt nennt man den „großen“ oder den „Körper-“ Kreislauf, der andere Kreislauf, der das Blut durch die Lungen strömen läßt nennt man den „kleinen“ oder „Lungen-“ Kreislauf.

Denjenigen Kreislauf, der die einzelnen Organe mit Blut versorgt nennt man den „großen“ oder den „Körper-“ Kreislauf, der andere Kreislauf, der das Blut durch die Lungen strömen läßt nennt man den „kleinen“ oder „Lungen-“ Kreislauf (Abb. 5).

Derjenige Teil des Herzens, der dem großen Kreislauf antreibt liegt auf der linken Seite des Herzens, daher nennt man diesen Teil des Herzens das „linke Herz“. Es besteht aus einer Vor- und einer Hauptkammer, aber hierüber lesen Sie im Kapitel „Anatomie“ (Band 3 dieses eBooks) mehr.

Der andere Teil des Herzens, der den Lungenkreislauf antreibt befindet sich in der rechten Seite des Herzens, weshalb man diesen Teil auch das rechte Herz nennt.

Folglich gibt es eine linke Vor- und eine linke Hauptkammer, sowie eine rechte Vor- und eine rechte Hauptkammer, aber mehr dazu im Kapitel über die Anatomie.

Film 7

In Film 7 sehen Sie schließlich das Schema des gesamten Kreislaufs des Menschen.

Betrachten wir als nächstes die verschiedenen Gefäße, aus denen sich der Kreislauf zusammensetzt.

Arterien

Wie schon mehrfach erwähnt: Alle vom Herzen wegführenden Gefäße bezeichnet man als „Schlagadern“ oder Arterien und alle zum Herzen hinführende Gefäße „Venen“.

Die Benennung hat also nichts damit zu tun, ob das jeweilige Gefäß sauerstoffarmes oder sauerstoffreiches Blut führt, sondern sie sichtet sich ausschließlich nach der Flußrichtung des Blutes:

Ich gehe die Gefäße nachfolgend einfach der Reihenfolge nach durch, wobei ich mit der größten Schlagader des Körpers, der Aorta beginnen möchte.

Aorta

Abb. 6

Direkt hinter der Ausgangsklappe des linken Ventrikels beginnt die Hauptschlagader des Körpers, die Aorta (Abb. 6).

Sie ist zu Beginn 25 - 35 mm dick und verläuft zunächst in Richtung auf den Ansatz des Halses und dann im Bogen abwärts bis etwa in Höhe des Bauchnabels, wo sie sich in die rechte und linke Beckenschlagader aufteilt.

Abb. 7

Der Aufbau der Aortenwand entspricht prinzipiell dem Aufbau jeder anderen Arterie des Körpers auch. Man unterscheidet 3 Schichten (Abb. 7):

  1. Intima: Die ist die innerste Schicht des Blutgefäßes, sozusagen seine Auskleidung. Sie besteht aus 3 Bestandteilen:
    1. Dem Endothel. Dabei handelt es sich um eine Schicht, die nur aus 1 „Lage“ von Zellen besteht
    2. Einer feinen elastischen Membran („Elastica interna“) und
    3. ein wenig Bindegewebe So dünn die Intima auch sein mag: Sie ist extrem wichtig, denn sie produziert bestimmte Hormone, die für die Regelung des Gefäßdurchmesser verantwortlich sind, sie hat eine wichtige Aufgabe bei der Blutgerinnung, denn sie soll verhindern, daß an dieser Wand Blutgerinnsel entstehen und sie soll das Gefäß gegen seine Umgebung abdichten.
    Abb. 8
    A = Quergestreifter (Skelett-) Muskel (beachten Sie die Querstreifen, die dem Muskel den Namen gegeben haben. B = Glatter Muskel (ohne Querstreifung)
  2. Media: Sie ist die dickste Schicht einer Schlagader und besteht eigentlich mehr oder weniger nur aus Muskelzellen. Diese Muskelzellen heißen „glatte Muskelzellen“ im Gegensatz zum „quergestreiften Muskel“, aus dem die Muskulatur des Skeletts (also z.B. Arm- oder Beinmuskeln) besteht (der Unterschied zeigt sich im Mikroskop (Abb. 8); gemeinsam ist beiden Muskelarten, daß sie sich zusammenziehen können, wenn sie dies müssen). Welche Funktion diese Muskeln in der Wand einer Schlagader haben lesen Sie in einem späteren Kapitel.
  3. Adventitia: Hierbei handelt es sich im Bindegewebe, dessen Aufgabe es ist, das Gefäß in seiner Umgebung zu verankern.
Abb. 9

In Abb. 9. sehen Sie das typische mikroskopische Bild der Wand der Aorta:

Wenn Sie einmal genau hinsehen werden Sie eine Vielzahl feiner blauer geschlängelter Linien erkennen. Dies sind elastische Fasern, die in der Media des Gefäßes eingebaut sind und zwischen denen die vorhin erwähnten glatten Muskelfasern eingelagert sind. Die Vielzahl der elastischen Fasern verleiht der Aorta und den nachfolgenden großen Schlagadern auch den Begriff „elastische Arterie“; je dünner die Arterien werden desto geringer ist ihr Anteil an solchen elastischen Fasern. Und weil die Media solcher Gefäße dadurch überwiegend aus glatter Muskulatur besteht nennt man diese Arterien „muskuläre Arterien“. Wozu die Muskeln in der Gefäßwand da sind erfahren Sie in einem späteren Kapitel.

Die elastischen Fasern in der Wand der Aorta sind natürlich nicht dazu da, um das Gefäß unter dem Mikroskop schön aussehen zu lassen, sondern sie haben einen anderen Zweck: Sie machen das Gefäß dehnbar.

Diese Dehnbarkeit ist für die Funktion des Kreislaufes von großer Wichtigkeit, denn sie wird für die „Windkesselfunktion“ der Gefäße benutzt:

„Windkessel“ nannte man in alten Druckluftanlagen (z.B. bei der Feuerwehr) Behälter, die dazu dienten, Druckschwankungen und Druckstöße auszugleichen: Wenn eine Kolbenpumpe Flüssigkeiten oder Gas stoßweise in ein Leitungssystem pumpt dann fließen Gas oder Flüssigkeiten auch stoßweise durch das Leitungssystem (Film 8).

Film 8

Ein solcher stoßweiser (oder pulsativer) Fluß ist aus technischen Gründen oftmals nicht erwünscht.

Abb. 10

Dies war der Moment, als sich geniale Techniker etwa 1655 den Windkessel erfand, um Wasser zum Löschen von Bränden gleichmäßig aus den Feuerwehrschläuchen spritzen zu können (Abb. 10).

Seitdem wird das Windkessel-Verfahren immer dann benötigt, wenn Flüssigkeit oder ein Gas pulsativ in ein Leitungssystem gepumpt wurde. Dann fließt das Gas oder die Flüssigkeit nämlich nur dann, wenn die Pumpe etwas auspumpt. In der Zwischenzeit, wenn die Pumpe sich wieder füllte, fließt nichts. Ein Windkessel ist technisch gesehen eigentlich nichts anderes als ein leerer Behälter, in den das Gas oder die Flüssigkeit „nebenbei“ einströmt bzw. einfließt, wenn die Pumpe etwas auspumpte.

Fließt nichts durch das Leitungssystem (weil sich die Pumpe gerade wieder füllte) entleert sich der Inhalt dieses Behälters in die eigentliche Leitung, was dazu führt, daß das Gas bzw. die Flüssigkeit auch während der Füllphasen der Pumpe strömt. Dieser Strom erfolgte zwar nicht mit demselben Druck und derselben Geschwindigkeit wie während der Pumpphase, aber es strömte dennoch (Film 9).

Film 9

So ähnlich funktioniert das mit der Aorta und den elastischen Gefäßen auch. Nur daß hier kein zusätzliches „Speichergefäß“ wie bei einem technischen Windkessel, sondern die Elastizität der Gefäßwände benutzt wird (Film 10).

Film 10

Das Prinzip ist dabei dasjenige bei einem Luftballon:

Bläst man den Luftballon auf dann dehnen sich seine Gummiwände aus und setzen den Balloninhalt damit unter Druck. Läßt man die Öffnung des Ballons nun los dann saust er durch die Luft, wobei er durch die kräftig ausströmende, zuvor gespeicherte Luft angetrieben wird.

Abb. 11

Pumpt die Herzkammer Blut in die Aorta und die anderen elastischen Arterien dann werde diese ebenso wie der Luftballon ausgebeult. Endet nun der Pumpstoß der Herzkammer dann steht das Blut in den elastischen Arterien noch immer unter Druck; die Arterienwände wollen sich (ebenso wie der Luftballon) wieder zusammenziehen und bei diesem Zusammenziehen pressen sie das Blut weiter vorwärts. Auch hier nicht mit demselben Druck und derselben Geschwindigkeit wie während des eigentlichen Pumpstoßes, aber das Blut fließt kontinuierlich weiter. Man kann dies schön sehen, wenn man den Blutfluß in der Aorta mißt (Abb. 11):

Man erkennt hier, daß das Blut mit jedem Herzschlag schnell in die Aorta einströmt (hohe Wellen in Abb. 1), daß es aber auch in der darauf folgenden Füllungsphase der Herzkammer immer weiter fließt, wenn auch mit immer geringerer Geschwindigkeit.

Die Aorta ist, wie schon gesagt, die Hauptschlagader des Körpers, die vom Herzen bis ins Becken reicht (siehe auch Abb. 6). Hier teilt sie sich in die Beckenarterie auf, wobei sie aber auch auf dem Weg ins Becken zahlreiche andere Gefäße abgibt, die die einzelnen Organe mit Blut versorgen. In der Reihenfolge der Gefäße kommen nun also die Arterien (= Schlagadern).

Arterien

Man benennt die Schlagadern entweder nach dem Organ, das sie versorgen (z.B. Nierenarterie, Milzarterie, ) oder nach der Körperregion, durch den die Arterie führt (z.B. Becken-, Hals-, Oberarmarterie).

Natürlich bezeichnen die Ärzte diese Schlagadern nicht in deutscher Sprache (das wäre viel zu einfach), sondern sie benutzen lateinische Namen, z.B. Arteria iliaca (= Beckenarterie) oder Arteria renalis (= Nierenarterie) und manchmal geben sie auch bestimmten Stellen des Gefäßsystems, die besonders markant sind spezielle Namen, die man aber unmöglich ins Deutsche übersetzen kann (z.B. Truncus brachiocephalicus (sprich: Trunkus brachiozefalikus) oder Truncus coeliacus (sprich: Truncus zöliakus). Kümmern Sie sich an dieser Stelle nicht um die Bezeichnung der einzelnen Arterie, dies wird bei Bedarf in anderen Kapiteln besprochen und erklärt; merken Sie sich an dieser Stelle nur, daß die Aorta Gefäße abgibt, die man Arterien nennt.

Abb. 12

Der mikroskopische Aufbau solcher Arterien entspricht im Prinzip dem der Aorta, nur daß in diesen Gefäßwänden nicht mehr so viele elastischen Fasern vorhanden sind wie in der Aorta, sondern daß hier die glatte Gefäßmuskulatur in der Media überwiegt. Daher spricht man in diesem Fall auch von Arterien des muskulären Typs (Abb. 12).

Diese dicke Muskelschicht ermöglicht es der Arterie, ihren Durchmesser zu verändern. Diese Durchmesserveränderung wird benötigt, um die Durchblutung zu steuern:

Benötigt ein Organ viel Blut dann muß es auch stark durchblutet werden: Die zuführenden Blutgefäße werden also weit gestellt sein, damit mehr Blut hindurchfließen kann. Benötigt das Organ weniger Blut dann wird sich das Gefäß verengen, um so den Blutfluß zu drosseln.

Abb. 13
Links: Warme, gut durchblutete Haut im Sommer. Rechts: Kalte, vermindert durchblutete Hände im Winter

Sie kennen dieses Phänomen von Ihrer Haut im Sommer und im Winter: Im Sommer muß die Haut kräftig durchblutet sein, damit sie überschüssige wärme an die Umgebung abgeben kann, um eine „Überhitzung“ des Körpers zu verhindern.

Im Sommer sind also die Schlagadern, die Blut in die Haut führen weit gestellt: Die Haut ist warm und rosig. Im Winter hingegen verengen sich die Hautarterien, um die Durchblutung der Haut zu vermindern, damit der Körper keine unnötige Wärme verliert. Die Haut ist kühl und bläulich verfärbt (Abb. 13).

Die Steuerung der Durchblutung können die meisten Menschen nicht selber beeinflussen; es soll nur indische Spezial-Gurus geben, die hierzu in der Lage sind. Diese Vorgänge laufen vielmehr automatisch ab, weshalb man dieses Verfahren auch „Auto-Regularisation der Durchblutung“ nennt. Sie hat, wie Sie sich denken können, für die Funktion des Körpers und seiner Organe eine große Bedeutung.

Man kann aus dieser Auto-Regularisation 2 Dinge lernen (wenn ich mir diese Anmerkungen einmal erlauben darf:

Die meisten Dinge in einem Körper laufen vollautomatisch ab und man muß sich nicht darum kümmern. Probleme bekommt man erst dann, wenn man anfängt, normale Vorgänge als Problem zu begreifen und über sie nachzudenken.

Der Körper funktioniert nach dem Prinzip des ökonomischen Kapitalismus: Wenn etwas nicht benötigt wird dann wird es auch nicht geliefert. In Ruhe (weil man beispielsweise schläft) müssen die Muskeln nicht besonders stark durchblutet werden, schließlich müssen sie ja keine Aktivitäten entfalten. Unternimmt man aber beispielsweise einen Dauerlauf dann benötigen sie viel Blut und müssen daher maximal durchblutet werden. Im Kapitel über die Arbeitsweise des Kreislaufes werden Sie noch etwas mehr über solche Vorgänge lesen.

Die Arterien sind also die dicken Schlagadern, die von der Aorta abzweigen, um Blut in die verschiedenen Gegenden des Körpers und die unterschiedlichen Organe zu leiten. Auch die Arterien teilen sich wieder in dünnere Schlagadern auf, die man Arteriolen nennt.

Arteriolen

Die Arteriolen sind prinzipiell ebenso wie die Arterien aufgebaut, d.h. auch diese Gefäße haben der Intima und der Adventitia eine dicke muskuläre Media, die es ihnen ermöglicht, sich im Bedarfsfall und im Rahmen der Auto-Regularisation vollständig zu verschließen (Arterien können sich zwar verengen und erweitern, jedoch nicht verschließen; dies können nur die Arteriolen).

Eine Arteriole hat einen Innendurchmesser von etwa 0.02 mm.

Die Arteriolen leiten das Blut nun als nächstes in die Kapillaren.

Kapillaren

Abb. 14

Die Kapillaren sind die Verbindungsleitungen zwischen den Arteriolen und den Venolen (s.u.) (Abb. 14 ).

Sie haben einen Durchmesser von 0.003-0.004 mm.

Abb. 15
Raster-Elektronenmikroskopie eines Kapillargefäß-Systems. Sehen die gigantischen Verzweigungen der Gefäße

Die Aufgabe der Kapillaren ist es, jede Zelle des Körpers mit Blut zu versorgen. Daher verzweigen sich die Arteriolen so intensiv in das Kapillarsystem, daß letztlich jede Zelle an eine Kapillare angrenzt (Abb. 15).

Kapillaren sind so fein, daß die roten Blutkörperchen nur nacheinander (so ähnlich wie beim Ausgang aus der U-Bahn-Haltestelle) hindurch können (Abb. 16).

Abb. 16
Mikroskopisches Bild einer Kapillare in Muskelgewebe. Die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) passen nur hintereinander hindurch, der Zellkern ist der Zellkern der Endothelzelle)

Während die Wand einer Arterie und Arteriole aus 3 Schichten besteht besteht die Wand der Kapillare nur aus der Intima und diese wiederum nur aus einer einzigen Schicht von Endothelzellen, Media und Adventitia fehlen (Abb. 17).

Abb. 17
Endothelzellen (pink) mit Zellkern (dunkelrot) einer Kapillare

Der Sinn dieser nur sehr dünnen Wand ist, daß die im Blut gelösten und transportierten Substanzen (z.B. Zucker, Eiweiß, Fett) direkt aus dem Blut in die angrenzenden Zellen übertreten können. (Lesen Sie etwas mehr hierüber im Kapitel über den Stoffwechsel.)

Venen

Venolen

Folgt man dem Blutstrom dann gelangt das Blut aus den Kapillaren in die Venolen. Dies sind die kleinsten Abflußgefäße der Kapillaren, die einen Durchmesser von etwa 0.001 - 0.003 mm haben.

Auch die Wände der Venolen sind, ebenso wie diejenigen der Arterien aus 3 Schichten aufgebaut: Der Intima, der Media und der Adventitia.

Abb. 18
Mikroskopische Abbildung einer Arterie und einer Venole. Beachten Sie die sehr viel dickere Wand der Arteriole

Weil die Venolen aber keinen hohen Druck mehr aushalten müssen (siehe Kapitel „Kreislauf-Funktion) sind die Wände der Venolen wesentlich dünner (Abb. 18).

Dennoch besitzen auch sie eine Muskelschicht, die die Gefäße ebenfalls in die Lage versetzt, ihren Durchmesser zu ändern.

Auch diese Durchmesser-Änderung hat ihren Sinn, denn die Venen arbeiten als Blutspeicher des Körpers:

Sind die Venen eng gestellt können Sie nur wenig Blut aufnehmen, das Blut fließt zudem schnell durch das Gefäß. Sind die Venen hingegen erweitert fließt das Blut langsam und es wird eine größere Blutmenge in den Venen gespeichert.

Abb. 19

Sie können dieses Verfahren mit einem Vorflutgelände bei Flüssen vergleichen, die Hochwasser führen können:

n Abb. 19 sehen Sie den Düsseldorfer Stadtteil Oberkassel/Niederkassel. In der Mitte des Bildes erkennen Sie den Rhein bei normalem Wasserstand. Vor allem linksrheinisch befinden sich Wiesen und (bedauerlicherweise) auch eine Schrebergartenkolonie, die als Vorflutgelände fungiert (hellblaue Fläche in Abb. 19).

D.h.: Wenn der Wasserspiegel werden diese Flächen überschwemmt und gehören damit zum Flußbett. Auf diese Weise kann der Fluß mehr Wasser aufnehmen und die armen Holländer, die stromabwärts wohnen bekommen nicht so viel Wasser ab. (Achtung: Wenn Sie ein Grundstück in Düsseldorfer Rheinnähe kaufen möchten: Die Abb. 19 ist meine eigene Interpretation des Vorflutgeländes und kein offizieller, von der Stadtverwaltung ausgewiesenes Dokument! Wenn Sie also ein Grundstück auf der Basis dieses Bildes kaufen möchten kann es sein, daß Sie beim nächsten Weihnachtshochwasser untergehen. Ich habe Sie gewarnt!)

So ähnlich funktioniert das auch mit den Venolen des Kreislaufes:

Wenn viel Blut im Kreislauf sein muß (z.B. weil man gerade körperlich schwer arbeitet) sind die venösen Gefäße eng gestellt, wird nicht so viel Blut benötigt sind sie weit gestellt.

Venen

Die Venolen vereinigen sich zu Venen. Sie haben denselben Aufbau wie alle anderen Gefäße auch, nur daß auch die Venen ebenso wie die Venolen eine sehr viel dünnere Muskelwand (Media) als die Arterien haben.

Ebenso wie die Arterien haben auch die dickeren Venen spezielle Namen, die sich entweder aus dem Organ ableiten, aus dem sie das Blut heraus leiten (z.B. Nierenvene) oder die ihren Namen von der Körperregion erhalten, durch die sie führen (z.B. Vena iliaca (= Beckenvene).

Hohlvenen

Abb. 20
Obere und untere Hohlvene mit ihrer Einmündung in den rechten Vorhof

Die Hohlvenen schließlich sind das venöse Gegenstück der Aorta. Es gibt eine obere und untere Hohlvene (Abb. 20), die das Blut jeweils des Körpers oberhalb und unterhalb des Herzens „einsammeln“.

Sie haben einen Durchmesser von etwa 2 - 3 cm.

Die obere Hohlvene (Vena cava superior) sammelt das Blut aus Kopf, Schultern und Armen ein, um es zum Herzen zu leiten, die untere Hohlvene (Vena cava inferior) das Blut aus der unteren Körperhälfte, also dem Bauch, dem Becken und den Beinen.

Die Hohlvenen sind die großen Venen des Körpers, in die alle Venen der einzelnen Organe und Körperregionen münden und die das Blut zum Herzen zurückführen und die hier in den rechten Vorhof münden.

Vom rechten Vorhof aus gelangt das Blut durch die Tricuspidalklappe in die rechte Hauptkammer (= rechter Ventrikel) und von hier aus durch die Pulmonalklappe in die Lungenschlagader.

Über die Anatomie des Herzens mit seinen Vor- und Hauptkammern, sowie den insgesamt 4 Herzklappen lesen Sie später in einem anderen Kapitel mehr.

Von der Lungenschlagader, der Pulmonalarterie beginnt nun der „kleine“ oder der Lungen-Kreislauf:

Die Lungenarterie teilt sich in die rechte und linke Lungenarterie auf, diese wiederum verzweigen sich in Arterien, die die einzelnen Lungensegmente mit Blut versorgen (Segment-Arterien).

Logischerweise führt die Lungenarterie sauerstoffarmes Blut, das durch die Hohlvenen verbraucht und sauerstoffarm aus dem Körper zum Herzen geflossen ist. Dennoch nennt ist die Lungenarterie eine Arterie, d.h. eine Schlagader, weil sie Blut vom Herzen weg leitet.

Die Lungenarterie teilt sich auf in die Lungenarteriolen, die Lungenkapillaren, die Venolen, die Segment-Venen und schließlich die 4 Lungenvenen, die in die linke Vorkammer des Herzens münden. Beachten Sie, daß die Lungenvenen frisches Blut transportieren, das in den Lungen soeben mit Sauerstoff angereichert wurde. Dennoch handelt es sich um Venen, denn sie führen Blut zum Herzen hin. Hier endet der Lungenkreislauf, das Blut wird aus der linken Vorkammer durch die Mitralklappe in die linke Hauptkammer (linker Ventrikel) und von hier aus durch die Aortenklappe wieder in die Aorta gepumpt.

Abb. 21

Auf diese Weise hat sich der gesamte Kreislauf wieder geschlossen. Sehen Sie in Abb. 21 noch einmal ein Schema des gesamten Kreislaufes.

Die verschiedenen Kreisläufe

Wie Sie schon im Kapitel über das Grundprinzip des Kreislaufes gelesen haben gibt es nur den einen, sondern 2 Kreisläufe. Beide Kreisläufe sind dabei hintereinander geschaltet.

Es gibt verschiedene Bezeichnungen für beide Kreisläufe:

Großer und kleiner Kreislauf:

In Abb. 22 und 23 sehen Sie ...........

Ende der Leseprobe


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