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den offenen Ductus BOTALLI

(Ductus arteriosus BOTALLI apertus)

Vorwort

In diesem eBook wird auf weitere eBooks verwiesen. Diese sind Bestandteil meines sog. „Corobuches“.

Sie finden sie, wenn Sie auf die entsprechenden Links klicken. In diesen Kapiteln werden vor allem die Führung eines Herzkatheters und die Messungen, die man bei Katheteruntersuchung durchführt genau und sehr detailliert beschrieben.

Morphologische und pathophysiologische Vorbemerkungen

Der offene Ductus arteriosus stellt eine Gefäßanomalie dar, die darauf beruht, daß eine im Embryonalleben bestehenden Gefäßverbindung zwischen A. pulmonalis und Aorta auch nach der Geburt bestehen bleibt.

Abb. 1

Der Ductus (Abb. 1) ist während der Intrauterinzeit ein unverzichtbarer Teil des foetalen Kreislaufes, weil er dafür sorgt, daß Blut an der noch nicht belüfteten Lunge vorbei und aus dem kleinen Kreislauf zurück in die Aorta und damit in den großen Kreislauf geleitet wird (Abb. 2).

Abb. 2

Intrauterin bei noch funktionsfähigem Ductus unterscheidet sich der histologische Aufbau seiner Wand von demjenigen der A. pulmonalis und der Aorta. Die Wanddicke ist zwar bei allen 3 Gefäßen ähnlich, jedoch besteht die Media des Ductus nicht aus circumferentiell angeordneten elastischen Fasern wie bei Pulmonalarterie und Aorta, sondern aus glatten Muskelzellen. Wenn sich diese Muskeln kontrahieren bewirken sie eine Einengung des Lumens des Ductus und seine Verkürzung. Dieser Umstand ist beim spontanen Verschluß des Gefäßes von Bedeutung, wie Sie gleich lesen werden.

Für die Durchgängigkeit dieses lebenswichtigen Gefäßes während der gesamten Foetalzeit sind 2 wichtige Faktoren verantwortlich: Ein hämodynamischer und ein „hormoneller“ Grund.

Zum Zeitpunkt der Geburt werden die Lungen belüftet und die Funktion des Ductus ist nun nicht mehr erforderlich; im Gegenteil: Er sollte sich jetzt verschließen. Dieser Verschluß erfolgt in 2 Schritten:

  1. Der „funktionale“ Verschluß durch die Konstriktion der Gefäßmuskulatur in der Wand des Ductus innerhalb von 18 - 24 h nach der Geburt und der
  2. der “anatomische“ Verschluß des Lumens innerhalb der folgenden wenigen Tage und Wochen, wobei dieser Vorgang meistens bis zum 3. Lebensmonat abgeschlossen ist.

Bewirkt wird der Verschluß durch 2 Veränderungen, die mit dem 1. Atemzug des Neugeborenen erfolgen:

Für den hier beschriebenen physiologischen Verschluß des Ductus arteriosus sind somit 3 Voraussetzungen maßgebend:

  1. Der neuromuskuläre Apparat der Ductuswand muß intakt sein, damit sich das Gefäß muskuläre verengen kann.
  2. Es muß eine ausreichende Intimaproliferation im Ductus einsetzen.
  3. Die Phase, während der die Widerstände in kleinem und großem Kreislauf annähernd gleich groß sind muß ausreichend lange andauern, damit das PGE2 seine Wirkung auf die Intima entfalten kann.

Das Problem beim postnatal persistierenden offenen Ductus arteriosus scheint die abnorme Struktur seiner Gefäßwand. Die Media des Gefäßes besteht nämlich nicht aus glatter Muskulatur, sondern aus Kollagen- und elastischen Fasern. Hierdurch wird die muskulär bedingte Konstriktion des Ductus, eine der Grundvoraussetzungen seines Verschlusses verhindert.

Hinzu kommt, daß sich Endothel und veränderte Media nicht voneinander abgrenzen können, was wiederum die Intimaproliferation infolge der PGE2-Wirkung blockiert.

Bleibt der Ductus arteriosus nach der Geburt offen kehr sich der Blutfluß durch das Gefäß um:

Intrauterin strömte das Blut von der A. pulmonalis zur Aorta (Rechts-Links-Shunt). Bei absinkendem Blutdruck in der Lungenarterie infolge der postnataler Lungenbelüftung kommt es zur Umkehr des Druckgradienten, sodaß das Blut nun von der Aorta zur A. pulmonalis fließt und ein Links-Rechts-Shunt entsteht.

Das Ausmaß dieses Links-Rechts-Shunts ist dabei sowohl von der Weite des Ganges als auch vom Verhältnis der Widerstände in beiden Kreisläufen abhängig ist.

Der Durchmesser des Ganges beträgt meistens zwischen 0.5 und 0.7 cm, kann aber in einzelnen Fällen auch 1.0 cm übersteigen.

Aus dem Offenbleiben des Ductus arteriosus resultiert für die Aorta ein diastolischer Druckabfall als Ausdruck des Blutabstromes durch das „Leck im Windkessel“. Dies führt zu einer Überflutung des Lungenkreislaufes, zumal der linke Ventrikel versucht, die Shunt-bedingte Verminderung des Herzzeitvolumens im großen Kreislauf durch eine Zunahme seiner Auswurfleistung zu kompensieren. Es kommt also zur vermehrten Volumenarbeit des linken Ventrikels.

Trotz der starken Vergrößerung des Lungenzirkulationsvolumens ist der Druck in der Pulmonalarterie in der Mehrzahl der Fälle nicht erhöht. Bei sehr weitem Ductus kann es aber rein mechanisch bedingt (die druckreduzierende Wirkung des Ductus fehlt) zu einer Drucksteigerung in der Lungenarterie kommen.

Alleine die vermehrte Lungendurchblutung infolge des Shuntvolumens bedingt allerdings auch ohne eine pulmonalarterielle Druckerhöhung die Gefahr einer sich im Laufe der Zeit entwickelnden sekundären Gefäßschädigung der Lungen mit einer weiterer Zunahme des Strömungswiderstandes. Im Extremfall kommt es hierdurch bedingt dazu, daß der druck in der A. pulmonalis den Aortendruck übersteigt, was dann zur Shuntumkehr mit dem Auftreten einer Spätzyanose. In solchen Fällen mit pulmonaler Hypertonie kommt es zu einer Druckmehrarbeit und Hypertrophie des rechten Ventrikels.

Klinische Vorbemerkungen

Die körperliche Entwicklung und die Leistungsfähigkeit der Träger dieser Anomalie hängt im wesentlichen von der Größe des Ductus arteriosus und damit vom Shuntvolumen ab. Nur bei großem Kurzschluß und bei Drucksteigerung im Lungenkreislauf ist mit einer Beeinträchtigung der Patienten zu rechnen.

Anamnese

Beschwerden werden nur bei großen Defekten mit großen Shuntvolumina angegeben. Bei Säuglingen beobachtet man die klinischen Zeichen einer Linksherzinsuffizienz mit allgemeiner Unruhe, Tachypnoe, vermehrtem Schwitzen, Trinkschwäche, Gedeihstörungen und vermehrter Anfälligkeit für pulmonale Infekte.

Bei den etwas größeren Kindern werden Dyspnoe vor allem bei körperlichen Belastungen, später auch in Ruhe angegeben. Die körperliche Leistungsfähigkeit ist im Vergleich zu gleichaltrigen Kindern eingeschränkt.

Bei kleineren Defekten sind die Kinder beschwerdefrei und normal belastbar. Die Diagnose wird hier in der Regel zufällig z.B. bei einer Schuluntersuchung gestellt.

Klinische Untersuchung

Eine Zyanose besteht in den unkomplizierten Fällen nicht, sie tritt erst bei einer Shuntumkehr auf. Dabei ist zunächst überwiegend die untere Körperhälfte betroffen, erst später tritt eine generalisierte Zyanose auf.

Eine Voussure gehört nicht zum typischen Bild.

Verstärkte (tastbare) Herzaktionen und eine Verlagerung des Spitzenstoßes nach außen sind häufig.

Die Blutdruckamplitude ist beim größeren Ductus erhöht, es findet sich ein Pulsus celer et altus. Im Gegensatz zur Aortenklappeninsuffizienz wird die Amplitude des Blutdruckes bei körperlicher Belastung größer.

Auskultation

Der Auskultationsbefund stellt für die Diagnose des offenen Ductus arteriosus das charakteristische Symptom dar:

Geräusch 1: Typisches "Maschinengeräusch" des offenen Ductus BOTALLI

In typischen Fällen findet sich ein kontinuierliches systolisch-diastolisches Geräusch, dessen Punctum maximum im II. ICR links parasternal gelegen ist (Geräusch 1). Es wird auch als Maschinengeräusch bezeichnet und ist palpatorisch häufig mit einem Schwirren verbunden.

Das Geräusch ist eine meist lange Geräuschspindel, deren Crescendo in der Systole und das bis weit in die Diastole, manchmal sogar holodiastolisch reicht (Abb. 3)

Abb. 3

Die hämodynamische Erklärung für dieses Geräusch liegt in dem systolisch-diastolisch bestehenden Druckgefälle von der Aorta zur Pulmonalarterie, aus der eine ununterbrochene Strömung resultiert, die nur im Rhythmus der Pulswelle eine Verstärkung erfährt. Diese Bedingungen sind gegeben, solange keine sekundäre Steigerung des Lungengefäßwiderstandes vorhanden ist.

Neben dem systolisch-diastolischen Maschinengeräusch kann ein frühsystolisches Geräusch zu hören sein, deren Decrescendo sich mit dem Crescendo des Anastomosengeräusches überlagert, wodurch der Eindruck der Kombination eines holosystolischen und eines diastolischen Geräusches entsteht...


Ende der Leseprobe

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