Unklare Brustbeschwerden

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Sie haben Schmerzen in der Herzgegend und sind eigentlich zum Hausarzt oder sogar zum Kardiologen gegangen, damit die Ursache der Brustschmerzen gefunden und das Problem nach Möglichkeiten beseitigen wird. Sie haben den Ärzten Ihre Beschwerden erklärt und nachfolgend wurden eine Menge Untersuchungen wie EKG, Belastungs-EKG, Ultraschalluntersuchung des Herzens, vielleicht eine MRT-Untersuchung, eine Myokardszintigraphie oder sogar eine Herzkatheteruntersuchung durchgeführt. Und nun sind alle diese Untersuchungen abgeschlossen, aber woher die Beschwerden stammen wissen Sie und Ihre Ärzte noch immer nicht!

Auf der einen Seite ist dies sicherlich beruhigend, denn wenn keine Ursache gefunden wurde so bedeutet dies anders herum, daß die Beschwerden nicht auf eine gefährliche Herzkrankheit wie eine Durchblutungsstörung, einen drohenden Herzinfarkt oder einen schwerwiegenden Herzklappenfehler zu beziehen sind. So weit so gut!

Auf der anderen Seite verursacht diese Unklarheit aber vielleicht auch eine Art „Enttäuschung“, denn schließlich bilden Sie sich Ihre Beschwerden ja nicht nur ein, sondern Sie haben sie wirklich.

Und schließlich kann diese Unklarheit auch Unsicherheit hervorrufen, denn wenn etwas weh tut dann ist dies ein bedrohliches Gefühl, man hat ja nicht umsonst Schmerzen. Es kommt noch hinzu, daß Schmerzen, die immer wieder ohne erkennbare Ursache auftreten die Lebensqualität vermindern und einem aus den verschiedenen Gründen den Spaß am Leben „vermiesen“ können.

Ihre Ärzte verstehen dies und Ihre Gefühle gut und daher ist es wichtig zu wissen, daß niemand der Meinung ist, Sie würden sich diese Beschwerden nur einbilden, weil bei den Untersuchungen nichts Handfestes heraus kam.

Jeder Mensch kennt beispielsweise die Seitenstiche, die in der Kindheit und Jugend auftraten und von denen jeder weiß, daß sie sehr schmerzhaft waren. Bis heute weiß aber niemand genau, woher diese Schmerzen stammen. Und obwohl die Schmerzursache unbekannt ist weiß doch jeder, daß es diese Schmerzen tatsächlich gibt, daß sie nicht eingebildet sind, daß man sie aber überlebt.

Also: Wenn Sie Beschwerden in Ihrer Brust verspüren, Ihr Kardiologe aber keine Ursache hat finden können dann bedeutet das noch lange nicht, daß man Sie als Simulanten betrachten und Ihnen die Beschwerden nicht glauben würde. Es bedeutet nur, daß das Herz nicht Ursache der Beschwerden ist.

Und es bedeutet noch etwas: Nämlich das Ihre Schmerzen nicht Ausdruck eines drohenden Herzinfarktes sind und daß Sie vor einer Herzkrankheit eigentlich keine Angst haben müssen. Denn aus der Erfahrung, die viele Kardiologen in der ganzen Welt mit solchen unklaren Brustschmerzen haben ist bekannt, daß diese Beschwerden sehr lästig, aber harmlos sind!

Harmlos sind Zahnschmerzen aber auch. Sie bringen Sie nicht um, machen Ihnen aber das Leben sehr schwer, sodaß Sie trotz dieser eigentlich harmlosen Schmerzen dennoch zum Zahnarzt gehen. Übertragen auf Ihre Situation bedeutet dies, daß man nach dem Herzen nach anderen Schmerzursachen suchen muß.

Diese Suche kann schwierig sein und mehrere Besuche bei anderen Ärzten, z.B. einem Orthopäden, einem Magen-Darm-Spezialisten, einem Nervenarzt oder Lungenspezialisten erforderlich machen. Denn Schmerzen, auch wenn Sie sie direkt in der Herzgegend verspüren können auch von anderen Krankheiten stammen, z.B.:

Und manchmal kann es auch sein, daß Sie keine Brustschmerzen verspüren, sondern Luftnot. Viele unserer Patienten empfinden nämlich das Engegefühl in der Brust, das man oft zusammen mit dem Auftreten von Luftnot verspürt als bedrohliche Herzschmerzen oder einen Herzdruck. In solchen Situationen, wenn das Herz als Ursache der Luftnot ausgeschlossen werden konnte ist es sinnvoll, sich einmal vom Lungenarzt untersuchen zu lassen, der prüfen kann, in welchem Zustand sich Ihre Bronchien und die Lungen befinden.

Wenn Sie also durch die Beschwerden stark belästigt werden und Ihr Kardiologe keine Ursache hat finden können dann sollten Sie mit Ihrem Hausarzt darüber sprechen, ob es nicht sinnvoll ist, Sie zu den oben erwähnten Fachärzten zu überweisen. Und ebenso kann es vielleicht sinnvoll sein, sich ein Blutdruck-Meßgerät zu besorgen, um damit einmal den Blutdruck zu messen, wenn Sie Ihre Beschwerden bekommen.

Noch ein kleiner Hinweis:

Es ist durchaus möglich, daß weder Ihr Kardiologe noch andere Ärzte die Ursache Ihrer Beschwerden haben finden können. Wie schon gesagt: Dies hat nichts damit zu tun, daß irgendjemand auf den Gedanken käme, Sie wären ein Simulant oder ein Hypochonder.

Denken Sie daran, daß auch Panikattacken Ursache schlimmster und quälender Beschwerden sein können. Solche Panikattacken werden, wenn Sie nicht behandelt werden, zwar Ihr Leben nicht unmittelbar bedrohen; sie machen es Ihnen aber über eine sehr lange Zeit sehr schwer, quälen Sie, Sie haben Angst vor der nächsten Attacke und nehmen daher vielleicht nicht mehr am sozialen Leben teil.

Reagieren Sie daher nicht von vornherein ablehnend, wenn einer Ihrer Ärzte mit Ihnen darüber spricht, sich beim Psychologen oder Psychiater vorzustellen. Vielleicht findet er ja eine Ursache und kann Ihnen helfen. Die Zeiten, wo man sich schämte, zum „Irrenarzt“ zu gehen sind doch schon lange vorbei!

Und schließlich am Schluß:

Es ist grundsätzlich möglich, daß sich zwar jetzt, in diesem Augenblick keine Ursache Ihrer Beschwerden hat finden lassen, daß aber vielleicht eine Krankheit vorliegt, die sich aber im Laufe der Zeit weiter entwickelt. Bestimmte Herzrhythmusstörungen beispielsweise treten zu Beginn nur in größeren Abständen und nur kurz auf und wenn Sie außerhalb eines „Anfalls“ zum Arzt gehen wird er nichts feststellen können. Im Laufe der Zeit wird sich die „Krankheit“ aber vielleicht verschlimmern und kann dann eindeutig erkannt werden.

Daher rate Ihnen dazu, sich von Zeit zu Zeit (Ihr Arzt wird Ihnen sagen, wie oft) oder immer dann, wenn sich Ihre Beschwerden verändern wieder bei Ihrem Hausarzt oder beim Kardiologen melden.

Daher: Seien Sie nicht enttäuscht oder deprimiert, wenn Ihre Ärzte jetzt nichts Schwerwiegendes haben finden können. Die Suche nach Unbekanntem ist immer schwierig, zeitraubend und mit Rückschlägen verbunden. Und irgendwie ist es vielleicht doch besser, wenn wir nichts gefunden haben als wenn Ihre Ärzte Ihnen hätten sagen müssen, daß Sie für den Rest Ihres Lebens Medikamente einnehmen müssen oder sich operieren lassen müssen. Oder?