Die Informationen auf dieser Seite finden Sie in Band 26 einer eBook-Reihe der Patienten-Akademie.
Hier bekommen Sie dieses eBook in verschiedenen Formaten:
Weltweit leben ca. 3.000.000 Menschen mit Herzschrittmachern und jährlich werden etwa 600.000 neue Geräte implantiert. Mit wenigen Ausnahmen verändert ein Herzschrittmacher das Leben der betroffenen Menschen nicht. Die meisten Menschen, die einen Schrittmacher benötigen sind über 60 Jahre alt; Schrittmacher werden aber Menschen jeden Alters, manchmal sogar Kindern eingepflanzt.
Der 1. Herzschrittmacher wurde 1950 von dem kanadischen Elektrotechniker John Hopps gebaut. Dieser 1. Schrittmacher hat von außerhalb des Körpers elektrische Impulse an das Herz abgegeben, was schmerzhaft und sehr unangenehm war.
In der Folge sind die Geräte zwar immer etwas kleiner geworden, sie haben aber auch weiterhin außerhalb des Körpers gearbeitet und die elektrischen Impulse durch die Haut abgegeben. Die Geräte wurden an eine Steckdose angeschlossen und dadurch mit Strom versorgt. Die Patienten konnten sich wegen dieser Stromversorgung nur soweit bewegen, wie das Stromkabel lang war.
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Abb.1 |
1. Patient mit Herzschrittmacher. Der Schrittmacher ist das große Gerät vor dem Patienten |
1958 hat dann ein schwedisches Ärzteteam den ersten Herzschrittmacher in den Körper eines Patienten implantiert. Das Gerät wurde von dem Techniker Rune Elmqvist und dem Chirurgen Ake Senning gebaut. Es funktioniert 3 Stunden lang.
Das 2. Gerät, das daraufhin implantiert wurde (Abb. 1) hielt 2 Tage lang. Der Patient, der damals den 1 Herzschrittmacher bekam, Arne Larsson, erhielt im Laufe seines Lebens noch 22 weitere Geräte und starb 2001.
Im Februar 1960 wurde ein verbessertes Modell in Montevideo, Uruguay implantiert. Insbesondere durch Verwendung besserer Materialien hat dieses Gerät 9 Monate lang funktioniert, bis der Patient aus anderen Gründen starb.
Die ersten Schrittmacher, die in Schweden implantiert wurden arbeiteten mit Akkus, die durch Induktionsspulen von außerhalb des Körpers wieder aufgeladen werden konnten. Dadurch, daß die Geräte nun vollständig in den Körper implantiert werden konnten ermöglichten sie es ihrem Träger, sich frei und außerhalb der Reichweite einer Steckdose oder eines Netzkabels zu bewegen.
Eine weitere technische Verbesserung wurde durch den Amerikaner Wilson Greatbatch seit April 1960 eingeführt. Seine Verbesserung bezog sich auf die Batterien der Geräte, die nun länger haltbar waren. Trotzdem mußten die sehr frühen Schrittmacher alle 24 Monate wegen Batterieerschöpfung oder Batteriezerstörung ausgetauscht werden. Die Batterietechnologie hat sich aber seitdem erheblich verändert, sodaß die heutigen Geräte 8 - 10 Jahre lang halten.
Abb.2 |
Eines der ersten SM-Geräte |
Die ersten Schrittmacher (Abb. 2) waren mit Kabeln (= Elektroden) verbunden, die auf die Oberfläche des Herzens aufgenäht werden mußten. Mitte der 60er Jahre wurden Elektroden erfunden, die durch die Venen des Körpers in das Herz eingeführt werden konnten und dann innerhalb der Herzhöhlen verankert wurden.
Dies machte es möglich, Schrittmacher ohne die Eröffnung des Brustkorbes und ohne Vollnarkose zu implantieren.
Während die ersten Schrittmacher noch pausenlos elektrische Impulse abgaben wurden die Geräte in der Folge derartig verändert, daß sie die eigenen Impulse eines Herzens wahrnehmen konnten und nur noch dann tätig wurden, wenn die eigenen Herzimpulse ausblieben oder zu langsam auftraten. Diese sog. „Bedarfsschrittmacher“ wurden Ende der 60er Jahre entwickelt. Alle heute implantierten Schrittmacher arbeiten mit dieser Bedarfsfunktion.
Eine weitere grundlegende Verbesserung erfolgte Mitte der 70er Jahre, als die Programmierbarkeit der Schrittmacher erfunden wurde. Bis dahin wurden Schrittmacher implantiert, die so arbeiteten, wie die Techniker es in der Fabrik eingestellt hatten. Durch die Programmierbarkeit war es nachfolgend möglich, die Arbeitsweise des Schrittmachers, z.B. die Geschwindigkeit oder die Energie seiner Impulse von außen durch elektromagnetische „Funkwellen“ zu verändern.
Auch gelang es durch die Entwicklung dieser speziellen Funktechnik, daß man den Schrittmacher durch die Haut hindurch „abfragen“ konnte. Auf diese Weise konnte der Arzt erstmalig feststellen, wie sich der Schrittmacher in bestimmten Situationen verhalten hat oder wie voll die Batterie noch war und wann mit ihrem Austausch zu rechnen war. Auch diese Programmier- und Abfragbarkeit der Schrittmacher gehört heute zur Standardausstattung jeden Gerätes.
In der weiteren Folge sind die Schrittmacher immer weiter verbessert worden, die Batterien wurden kleiner und haltbarer, die Schrittmacher wurden mit raffinierten elektronischen Bauteilen ausgestattet und auch die Haltbarkeit der Schrittmacher-Elektroden wurde laufend verbessert. Die Entwicklung ist noch lange nicht abgeschlossen und wird von den großen Schrittmacherfirmen immer weiter betrieben, damit die Geräte kleiner, länger haltbar, einfacher in der Bedienung für den Arzt und komfortabler für den Patienten werden.
Der Schrittmacher dient dazu, ein zu langsam schlagendes Herz zu beschleunigen. Um dies zu verstehen müssen Sie zunächst etwas über die normale elektrische Aktivität des Herzens erfahren. Einzelheiten können Sie im eBook „Aufbau und Funktion des Herzens“ lernen:
Jeder Herzschlag wird durch das Zusammenziehen von Herzmuskelgewebe verursacht.
Film 1 |
Ausgelöst wird das Zusammenziehen des Herzmuskels durch einen elektrischen Impuls. Normalerweise stammt ein solcher elektrischer Impuls aus dem natürlichen Schrittmacher des Herzens, dem Sinusknoten (Film 1).
Er befindet sich im Dach der rechten Vorkammer.
Durch mehrere Leitungsbahnen wandert dieser elektrische Impuls durch die Wände der Vorkammer und trifft schließlich im sogenannten av-Knoten ein.
Bei diesem Knoten handelt es sich um ein kleines Gewebsknötchen an der Grenze zwischen den Vor- und den Hauptkammern.
Von hier aus tritt der elektrische Impuls in spezielle Leitungsbahnen ein, die wie elektrische Kabel funktionieren und durch die der Impuls bis in die letzten Ecken der Hauptkammern geleitet wird und dabei die Muskulatur der Herzkammern elektrisch anregt.
Wenn ein solcher elektrischer Impuls auf eine Herzmuskelzelle auftritt löst er ein Zusammenzucken dieser Muskelzelle aus. Weil die Hauptkammern die Haupt-Pumparbeit des Herzens leisten sind sie die wichtigsten Kammern des Herzens.
Wenn die Hauptkammern stehen bleiben muß der Mensch sterben, denn es wird nun kein Blut mehr in den Körper gepumpt. Schlagen die Hauptkammern zu langsam wird der ganze Körper mit all seinen Organen und Muskeln mit einer zu geringen Menge an Blut und Sauerstoff versorgt und Beschwerden wie Müdigkeit, Luftnot o.ä. treten auf (siehe unten).
Wenn die Vorkammern stehen bleiben (z.B. beim Vorhofflimmern), die Hauptkammern aber mit normaler Geschwindigkeit schlagen wird der Mensch nicht viel bemerken, denn die Arbeit der Vorkammern trägt in körperlicher Ruhe nur wenig zur gesamten Blutförderleistung des Herzens bei. Nur bei körperlichen Belastungen wird der Mensch bemerken, daß seine Leistungsfähigkeit abnimmt.
Das elektrische System des Herzens kann an jeder Stelle, d.h. im Sinus-, im av-Knoten und in den Leitungsbahnen zwischen dem av-Knoten und den Herzmuskelzellen gestört werden (siehe auch Infos über Herzrhythmusstörungen).
Die Folge einer solchen vollständigen oder inkompletten Leitungsunterbrechung ist, daß keine elektrischen Impulse mehr bei den Herzmuskelzellen der Hauptkammern ankommen und das Herz dadurch entweder stehen bleibt oder sehr langsam schlägt. Für den Betroffenen selber macht es keinen großen Unterschied, warum das Herz zu langsam schlägt, denn er spürt immer dieselben Folgen:
Müdigkeit, Schwindel, Leistungsschwäche oder Ohnmachtsanfälle.
Für die Art der Schrittmacherbehandlung ist die Ursache der Herzverlangsamung aber von entscheidender Bedeutung: Ist beispielsweise der natürliche Schrittmacher des Herzens krank entstehen die natürlichen Impulse des Sinusknotens zu selten, das Herz schlägt zu langsam. Diejenigen Impulse, die entstehen, werden aber normal durch das Herz geleitet.
Ist der Sinusknoten andererseits gesund, können seine Impulse aber wegen einer Unterbrechung der elektrischen Leitungsbahnen des Herzens nicht mehr in die Herzkammern geleitet werden schlagen die Vorkammern normal schnell, die Hauptkammern aber entweder extrem langsam oder gar nicht mehr. Diese Unterscheidung ist, wie sie später lesen werden für die Auswahl des richtigen Schrittmachers wichtig.
Ein Schrittmacher überwacht die Geschwindigkeit des Herzschlages und greift ein, wenn die Herzkammern zu langsam schlagen, d.h. er verhindert lediglich einen zu langsamen Herzschlag; Herzrhythmusstörungen, die mit einem beschleunigten Puls („Tachykardie“) oder mit Unregelmäßigkeiten des Herzschlages verbunden sind beeinflußt er nicht. Das betrifft auch eine evtl. Schwächung des Herzmuskels. Sie wird durch einen „normalen“ Schrittmacher nicht gekräftigt. Es gibt aber heute Schrittmacher, die man unter bestimmten Voraussetzungen auch bei einer Schwächung des Herzmuskels einsetzen kann. Sie arbeiten dabei mit Elektroden im rechten Vorhof, im rechten und vor allem im linken Ventrikel und sie sorgen dafür, daß die Pumpfunktion beider Herzkammer synchronisiert wird. Man nennt diese Systeme daher auch CRT-Systeme (CRT = cardiac resynchronization therapy).
Es handelt sich um sehr spezielle Geräte, die in diesem eBook nicht näher beschrieben werden.
Es gibt noch weitere Geräte, wie beispielsweise automatische implantierte Defibrillatoren (AICD-Geräte), die neben ihren Hauptaufgaben (Unterbrechung lebensbedrohlicher Herzrhythmusstörungen) auch noch eine Schrittmacherfunktion beinhalten.
Der Schrittmacher dieser Geräte funktioniert ebenso wie in dieser Broschüre beschrieben wurde; die anderen Funktionen können aber vollkommen andersartig sein. Auch sie werden in dieser Broschüre nicht beschrieben.
Ein Schrittmacher verbessert nichts an der Kraft des Herzschlages, an der Durchblutung des Herzmuskels und er kann auch keine defekten Herzklappen behandeln oder Herzinfarkte verhindern. Er sorgt ausschließlich dafür, daß das Herz immer mit der notwendigen Geschwindigkeit arbeitet.
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Abb.3 |
Moderner Herzschrittmacher |
Schrittmacher sind Systeme, die aus einer Batterie, elektronischen Bauteilen und Kabeln bestehen.
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Abb.4 |
Schrittmacher mit Anschluß-Kopf |
Batterie und elektronische Bauteile sind in einem Gehäuse, das wasser- und blutdicht verschweißt ist untergebracht (Abb. 3).
Auf einer Seite dieses Gehäuses befinden sich eine Vorrichtung, an der das Kabel (= die Elektrode) angeschlossen werden kann.
Die Elektrode ist nichts anderes als ein flexibles Metallkabel, das mit Kunststoff abgedichtet ist und das an seinem Ende Vorrichtungen hat, mit der sie in der Herzwand verankert werden kann (z.B. Schraub- oder Hakenelektroden (Abb. 5).
Abb.5 |
Haken-Elektrode |
Lesen Sie im nächsten Kapitel, welche Aufgaben die einzelnen Bestandteile des Schrittmachers haben und wie ein solches Schrittmachersystem funktioniert.
Nehmen wir zunächst der Einfachheit halber einen Schrittmacher mit 1 Elektrode (welche anderen Schrittmacher, die 2 Elektroden besitzen, es gibt lesen Sie etwas später):
Die Spitze der Elektrode wird in der rechten Herzhauptkammer (= Ventrikel) verankert. Von hier aus wird bei jedem Herzschlag der elektrische Impuls der Ventrikel durch das Kabel zum Schrittmacher und dessen eingebauten Elektronik geleitet. Hierdurch weiß der Schrittmacher, daß der Ventrikel gerade selber geschlagen hat.
Der Schrittmacher zählt auf diese Weise, mit welcher Geschwindigkeit die Ventrikel schlagen.
Diese Wahrnehmungsfunktion des Schrittmachers nennt man „Sensing“ (Sensing“ = engl. Wort für Wahrnehmung oder Erfassung).
Wenn der Schrittmacher auf diese Weise erfährt, daß die Ventrikel zu langsam schlagen bemerkt dies die Elektronik des Gerätes und aktiviert den Schrittmacher. Er sendet nun durch dieselbe Elektrode einen elektrischen Impuls zum Muskel der rechten Herzkammer.
Hier verursacht dieser elektrische Impuls das Zusammenziehen des Herzmuskels, d.h. der elektrische Impuls des Schrittmachers löst einen Herzschlag aus. Diese Funktion des Schrittmachers nennt man „Stimulation“ („Stimulation“ = Anregung).
Nach der Aussendung dieses Impulses und nach dem hierdurch hervorgerufenen Herzschlag beobachtet der Schrittmacher wieder die Aktivitäten der Ventrikel und wird wiederum erst dann wieder aktiv, wenn sie zu langsam schlagen.
Diese Arbeitsweise des Schrittmachers nennt man „Bedarfsfunktion“. Er bleibt sozusagen in Bereitschaft, um jederzeit eingreifen zu können, wenn die Geschwindigkeit der Ventrikel unter einen kritischen Wert absinken.
Schlägt das Herz selber schnell genug beschränkt sich die Tätigkeit des Schrittmachers auf das Beobachten.
Ein Schrittmacher, der auf die soeben beschriebene Weise mit 1 Elektrode in 1 Herzkammer arbeitet wird auch „1-Kammer-Bedarfsschrittmacher“ genannt. Ich erkläre Ihnen dies am Beispiel eines totalen av-Blocks (av-Block 3. Grades):
Bei einem solchen Block ist die Überleitung der natürlichen Impulse von den Vorkammern zu den Ventrikel im av-Knoten unterbrochen, sodaß sie unabhängig voneinander arbeiten. Die Vorkammern, in denen sich ja der Originalschrittmacher des Herzens befindet arbeiten ausreichend schnell, z.B. mit 90 Schlägen pro Minute. Aufgrund der Leitungsunterbrechung im av-Knoten werden diese Impulse aber nicht auf die Hauptkammern übergeleitet; diese schlagen in einem eigenen Rhythmus daher sehr viel langsamer, z.B. nur mit 30 Schlägen pro Minuten. Immer dann, wenn die Ventrikel zu langsam schlagen wird der Schrittmacher aktiv und feuert einen Ventrikelimpuls ab und zwar unabhängig davon, was der Vorhof macht.
Film 2 |
Funktion eines 1-Kammer-Schrittmachers bei totalem av-Block |
Ob er langsam oder schnell schlägt kann der Schrittmacher nicht erkennen (Film 3).
Solche Systeme sind sehr einfach aufgebaut. Sie arbeiten außerordentlich zuverlässig, haben aber den Nachteil, daß sie immer nur mit 1 ganz bestimmten Herzfrequenz arbeiten. Gleichgültig, ob sich der Mensch aufregt, körperlich belastet oder ob er sich in Ruhe befindet: Der Schrittmacher arbeitet immer nur mit einer ganz bestimmten Geschwindigkeit.
Ein 2. Nachteil besteht darin, daß die Hauptkammer (= Ventrikel) unabhängig von der Aktivität der Vorkammer schlägt. Dadurch verliert das Herz einen Teil seiner Leistungsfähigkeit, die u.a. darauf beruht, daß zuerst die Vorkammern und erst mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung danach auch die Ventrikel schlagen. Auf diese Weise werden die Ventrikel mit der optimalen Blutmenge gefüllt. Diese Abstimmung von Vorhof- und Ventrikelaktion ist bei den 1-Kammer-Schrittmachern nicht vorhanden.
Und der 3. Nachteil besteht schließlich darin, daß ein solcher Schrittmacher nicht auf körperliche Anstrengungen reagieren kann. Dies ist beispielsweise lästig, wenn sich der Mensch körperlich belastet und eine viel schnellere Herzfrequenz als im Ruhezustand benötigt, um den arbeitenden Körper ausreichend mit Blut und Sauerstoff zu versorgen.
Um all dies zu ändern setzt man einen sog. „2-Kammer-Schrittmacher“ ein:
Bei diesen Systemen ist die Schrittmacherelektronik mit 2 Elektroden mit dem Herzen verbunden. 1 Elektrode liegt dabei in der rechten Vorkammer, die andere Elektrode in der rechten Hauptkammer. Lassen Sie mich dies wiederum am Beispiel eines totalen av-Blocks erklären:
Über die Sensing-, also die Wahrnehmungsfunktion der Vorhofelektrode bemerkt der Schrittmacher, daß die Vorkammern ausreichend schnell arbeiten, über seine Ventrikelelektrode bemerkt er aber ebenfalls, daß die Hauptkammern zu langsam schlagen. Also geht das Gerät folgendermaßen vor:
Über seine Vorhofelektrode bemerkt die Elektronik des Schrittmachers, daß die Geschwindigkeit der Vorhofaktionen ausreichend schnell ist. Für den Schrittmacher besteht somit keine Notwendigkeit, den Vorhof künstlich zu aktivieren.
Film 3 |
2-Kammer-Schrittmacher (Zeitlupe) |
Die Vorkammern arbeiten, aber wegen eines av-Blocks werden die Impulse nicht auf die Kammern übergeleitet. Der Impuls aus den Vorkammern wird über ein Kabel zum Schrittmacher geleitet und löst hier den Impuls aus, der über das 2. Kabel in die Kammern gelangt. |
Wenn aber nach einer gewissen (sehr kurzen) Zeit keine Aktivierung des Ventrikels erfolgt ist bemerkt der Schrittmacher dies über die Sensing seiner Ventrikelelektrode ebenfalls. In einem solchen Fall gibt er also nach einer gewissen zeitlichen Verzögerung über die Ventrikelelektrode einen Impuls an den Ventrikel ab (Film 4).
Durch diese Arbeitsweise überbrückt der Schrittmacher die unterbrochene Leitungsbahn im Herzen. Die Geschwindigkeit, mit der der Schrittmacher arbeitet wird hier durch die Aktivität der Vorkammern „diktiert“.
Diese Schrittmachersysteme führen somit zu einer perfekten Wiederherstellung der natürlichen elektrischen Aktivität des Herzens nicht nur im Hinblick auf die Frequenz der Herzschläge, sondern auch im Hinblick auf die optimale zeitliche Reihenfolge der Vorhof und Ventrikelaktivität. Und auch bei körperlichen Belastung ist der 2-Kammer-Schrittmacher hilfreich:
In diesen Situationen arbeitet der Sinusknoten nämlich normal, d.h. er produziert eine schnelle Impulsfrequenz. Dieser beschleunigten Frequenz können die Vorkammern folgen, wegen des av-Blocks die Ventrikel hingegen nicht. Der Schrittmacher bemerkt die gesteigerte Frequenz der Vorhöfe und regt dann die Ventrikel im Takt der Vorhöfe ebenfalls zu Aktivierungen an.
Ein 2-Kammer-Schrittmacher ist also auch in der Lage, die Ventrikelfrequenz an Veränderungen der Vorhoffrequenz anzupassen. Und es gibt noch eine weitere Situation, in der ein solcher 2-Kammer-Schrittmacher helfen kann, nämlich dann, wenn die Überleitung der Impulse durch av-Knoten zwar ungestört ist, das Herz aber infolge einer Störung der Sinusknoten-Funktion insgesamt zu langsam schlägt.
Auch hier greift der 2-Kammer-Schrittmacher ein:
Die elektrischen Impulse der Vorkammer werden über die 1 Elektrode zum Schrittmacher geleitet. Hier bemerkt die Elektronik des Gerätes, daß die Vorkammern zu langsam schlägt. Sie gibt daher zunächst einen Impuls an die Vorkammer ab und regt sie dadurch zu einem Schlag an.
Während einer kurzen Zeit nach diesem Impuls sucht die 2. Elektrode in der Hauptkammer (ebenso wie oben beschrieben wurde) danach, ob der „künstliche“ Impuls aus der Vorkammer auf die Hauptkammer übergeleitet wurde und ob die Hauptkammer zu einem Schlag angeregt wurde. Jetzt gibt es 2 Möglichkeiten:
Film 5 |
2-Kammer-Schrittmacher (2. Teil des Films in Zeitlupe) |
Vor- und Hauptkammer arbeiten zu langsam und werden daher beide durch den Schrittmacher erregt, der seine Impulse zeitlich verzögert durch ein Kabel jeweils zur Vor- und zur Hauptkammer leitet. |
Man setzt solche Systeme also dann ein, wenn es infolge einer Leitungsunterbrechung im av-Knoten oder wegen einer Funktionsstörung des Sinusknotens zu langsam schlägt.
Es gibt daneben aber auch Herzkrankheiten, bei denen die Vorkammern infolge einer speziellen Herzrhythmusstörung (Vorhofflimmern) rasend schnell arbeiten, diese rasenden Vorkammer-Impulse aber im av-Knoten gefiltert und viel zu langsam auf die Hauptkammern übergeleitet werden.
In solchen Fällen ist die Verwendung eines 2-Kammer-Schrittmachers wenig sinnvoll, denn dann würde ein 2-Kammer-Schrittmacher jeden einzelnen der rasenden Impulse der Vorkammer wahrnehmen und in die Hauptkammer überleiten. Die Folge wäre dann eine ebenfalls rasende Herzkammer, was zu lebensgefährlichen Situationen führen kann.
Man implantiert in solchen Fällen daher 1-Kammer-Geräte. Mit diesen Schrittmachern wird üblicherweise nur eine ganz bestimmte Herzfrequenz erzeugt, die sich nicht verändern kann und die daher den speziellen Bedürfnissen eines Körpers nicht Rechnung tragen kann, bei körperlichen Belastungen oder z.B. auch bei Fieber die Herzfrequenz zu steigern.
Für solche Situationen haben die Ingenieure der Schrittmacher-Hersteller Geräte erfunden, mit denen die Geschwindigkeit auch eines 1-Kammer-Schrittmachers verändert werden kann:
Geräte bemerken beispielsweise, wenn sich ein Mensch körperlich belastet und liefern dann beschleunigte Herzschläge, während sie in körperlicher Ruhe, z.B. nachts während des Schlafes langsamer arbeiten. Man nennt solche Schrittmacher „frequenz-variable“ Geräte oder „rate response“-Schrittmacher.
Solche Geräte imitieren die natürliche Arbeitsweise des Herzens. Möglich sind solche Änderungen der Schrittmacherfrequenz durch besondere Meßgeräte (= Sensoren), der auf veränderte physikalische Umstände im Körper reagieren und die im Schrittmachergerät fest eingebaut sind. Die heute am häufigsten Sensoren reagieren beispielsweise auf Erschütterungen und Vibrationen.
Die Grundidee ist dabei, daß ein Körper, der sich belastet (z.B. beim schnellen Laufen) stärker erschüttert wird als ein ruhender Körper. Der Sensor des Schrittmachers registriert dann die vermehrten Erschütterungen und meldet dies an die Elektronik des Gerätes. Diese setzt diese Meldungen in einen schnelleren Herzschlag um und ermöglicht es auch einem 1-Kammer-Schrittmacher, den vermehrten Blutbedarf des Körpers bei Belastungen durch einen Anstieg der Herzfrequenz zu bedienen. Damit es beispielsweise aber nicht passiert, daß ein Bauer, der auf seinem Trecker sitzt und durch den Dieselmotor durchgerüttelt wird, auf einmal einen schnelleren Puls bekommt, weil der Sensor die Erschütterungen des Motors fälschlich als Ausdruck eines Dauerlaufes hält, ist die Elektronik des Schrittmachers mit bestimmten Filter- und Schutzfiltern ausgestattet.
Neben den Erschütterungssensoren gibt es noch andere Sensoren, wie beispielsweise Temperaturmeßgeräte, die die körperliche Aktivität eines Menschen an einer erhöhten Bluttemperatur feststellen oder Meßgeräte, mit denen bestimmte Veränderungen einer EKG-Kurve unter körperlicher Belastung gemessen werden.
Die meisten dieser Sensoren, die sich die verschiedenen Schrittmacherfirmen ausgedacht haben sind aber sehr störanfällig gewesen. Heute werden in aller Regel nur noch die sehr robusten und zuverlässigen Erschütterungssensoren benutzt. Die jüngste Generation von Schrittmachern ist sogar in der Lage, auf Änderungen des Gemütszustandes zu reagieren. Beim Sehen eines sehr spannenden Films oder beim plötzlichen Eintreten eines Ereignisses kann sich der Herzschlag beschleunigen und der Blutdruck steigt. Die Verwendung solcher raffinierter Sensoren erlaubt die Anpassung der Schrittmacherfrequenz sowohl an körperliche Aktivität als auch an emotionale Belastungen.
Und schließlich gibt es eine Herzerkrankung, bei der das elektrische Leitungssystem des Herzens zwar intakt ist, bei der das Herz aber nicht mehr in der Lage ist, in entsprechenden Situationen (z.B. bei körperlichen Belastungen) seine Schlagfrequenz zu steigern. Man nennt diese Erkrankung chronotrope Inkompetenz.
Verursacht wird sie durch Funktionsstörungen des Sinusknotens oder durch eine gestörte nervliche Versorgung des Herzens (z.B. bei Diabetikern).
Die Herznerven liefern dem Herzen nämlich die Informationen aus dem Kreislaufzentrum des Gehirns, daß (z.B. bei Belastungen) ein vermehrter Blutbedarf des Körpers besteht. Ist diese Nervenversorgung gestört kann das Herz auch nicht mehr auf Informationen aus den Kreislaufzentren reagieren und daher seine Herzfrequenz auch nicht bei Bedarf steigern. (Wenn Sie mehr über die Regulation des Kreislaufes erfahren möchten: Klicken Sie hier.)
Die Vielfalt an modernen Schrittmacher-Produkten gestattet dem Arzt, viele Herzrhythmusstörungen sicher zu behandeln und den Herzschlag so natürlich wie möglich wieder herzustellen. Welcher der verschiedenen Herzschrittmacher der für einen speziellen Patienten geeignete ist wird Ihr Kardiologe entscheiden. Er fällt diese Entscheidung unter Berücksichtigung der Herzkrankheit, wegen der der Schrittmacher implantiert werden muß, unter Berücksichtigung evtl. anderer Krankheiten des Herzens und unter Berücksichtigung der gesamten Lebensumstände des Patienten.
In den meisten Fällen wird heutzutage ein 2-Kammer-Schrittmacher implantiert werden, denn durch umfangreiche wissenschaftliche Untersuchungen konnte festgestellt werden, daß diese Schrittmacher sehr viel seltener zum Auftreten bestimmter Herzrhythmusstörungen (Vorhofflimmern) oder zum Auftreten einer leichten Herzschwäche führen als die früher meistens implantierten 1-Kammer-Systeme.
Verbesserungen der Schrittmacherfunktion haben sich im Laufe der Zeit überwiegend auf 4 Feldern ergeben: Durch die Programmierbarkeit der Geräte, durch die Möglichkeit einer Schrittmacherstimulation auch der linken Herzkammer, durch langlebigere Batterien und Verbesserungen der Elektroden.
So kann man beispielsweise einstellen, mit welcher Geschwindigkeit der Herzschrittmacher arbeiten soll und man kann einrichten, daß der Schrittmacher auf körperliche Aktivitäten des Menschen reagiert und so beispielsweise beim Spazierengehen, Treppesteigen oder Radfahren schneller schlägt als in körperlicher Ruhe.
Moderne Herzschrittmacher können durch die rasante Entwicklung auf dem Gebiet der Elektronik die elektrische Arbeitsweise eines gesunden Herzens nahezu perfekt wieder herstellen.
Die „normalen“ Schrittmacher erreichen „nur“ die rechte Herzkammer, was für die meisten Gelegenheiten völlig ausreichend ist.
Durch Verwendung spezieller Kabel und Geräte kann man aber eine Elektrode an der äußeren Seite um das Herz herum führen, um hierdurch auch die linke Hauptkammer zu erreichen. Diese Art der Schrittmacherbehandlung hat weniger die Behandlung eines zu langsam als vielmehr die Behandlung eines zu schwach schlagenden Herzens zum Ziel.
Zwischenzeitlich ist die Batterietechnik erheblich verbessert worden und man verwendet heute Lithium-Jod-Batterien. Die Lebensdauer dieser Lithium-Jod-Batterie ist letztlich abhängig vom Schrittmachertyp, dem Krankheitsbild und der Stimulationshäufigkeit. Im allgemeinen arbeiten Herzschrittmacher mehrere (8 – 10) Jahre.
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Abb.6 |
Auf diesem Weg müssen sie einige Gefäßkurven durchqueren und auch innerhalb des Herzens verlaufen sie nicht geradlinig (Abb. 6).
Zudem werden sie abhängig von den Atem- und Herzbewegungen immer wieder gebogen und verformt. Dadurch werden sie mechanisch stark belastet und können brechen, was bei den „alten“ durchaus nicht selten war. Die Flexibilität und Bruchsicherheit hat sich aber durch Verbesserungen der Elektrodenummantelung aus Kunststoff und Veränderungen in der Bauart der elektrisch leitenden Metallseele der Elektrode erheblich verbessert, sodaß Elektrodenbrüche heute nur noch sehr selten vorkommen.
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Abb.7 | Abb.8 |
Zu den aktiven Fixierungsmethoden gehört die Schraubelektrode, die aktiv in das Myokard eingeschraubt wird (Abb. 7). Sie werden in der Regel in der glatten Wand der Vorkammern verankert.
Abb.9 Elektroden mit einer passiven Fixierung, wie etwa der Ankerelektrode, werden durch kleine feine Widerhaken in den Muskelbälkchen innerhalb der Herzkammer verankert (Abb. 8). Diese Elektroden eignen sich besonders für die Verankerung der Elektrode in den Herzkammern, auf deren Wand sich zahlreiche Muskelbälkchen befinden (Abb. 9).
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Abb.10 |
Dies hat man dadurch vermindert, daß die Elektrodenköpfe heute keine glatten Oberflächen als poliertem Stahl haben, sondern daß sie aus porösem Keramikmaterial gefertigt werden (Abb. 10).
Hierdurch kann das Narbengewebe besser und tiefer in die Elektrodenspitze einwachsen, wodurch die stabiler verankert und vor allem einen besseren Kontakt zum Herzmuskel bekommt.
Zudem tränkt man die Elektrodenspitze mit Medikamenten (z.B. Cortison), die die Narbenentwicklung hemmen. Auch dies hat zu einem wesentlich besseren und dauerhafteren Kontakt der Elektrode mit dem Herzmuskel geführt.
Es gibt 3 verschiedene Schrittmachertypen, die zu verschiedenen Zwecken benutzt werden:
Abb.11 |
Bei diesen Systemen wird das Schrittmachergerät mit 1 einzigen Elektrode an den Herzmuskel angeschlossen (Abb. 11). In den meisten Fällen ist die rechte Hauptkammer angeschlossen, in einigen Fällen aber auch die rechte Vorkammer.
Bei diesen Systemen werden sowohl die rechte Vor- als auch die rechte Hauptkammer an das Schrittmachergerät angeschlossen (Abb. 12).
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Abb.12 |
Die Elektronik des Schrittmachergerätes koordiniert die Arbeitsweise beider Kammern und sorgt dafür, daß die Arbeitsweise des Herzens auch unter der Stimulation des Schrittmachers derjenigen des normalen, gesunden Herzens ähnlich ist.
Wie oben schon beschrieben wurde tragen diese Schrittmacher kleine Sensoren, die erfassen, ob sich der Mensch gerade körperlich belastet oder ob er sich in Ruhe befindet. Die Elektronik des Schrittmachers sorgt dann dafür, daß die Geschwindigkeit des Herzschlages der gerade ausgeübten Aktivität des Menschen angepaßt wird.
Abb.13 |
Unipolares System |
Im Hinblick auf die elektrische Arbeitsweise des Herzschrittmachers unterscheidet man sog. unipolare und bipolare Schrittmachersysteme. Der Träger des Schrittmachers wird von diesem Unterschied nichts merken, dennoch ist die Wahl dieser Arbeitsweise wichtig:
Wenn der Herzschrittmacher die Herzmuskelzellen elektrisch erregen möchte dann muß er dazu einen kleinen Stromimpuls bilden. Bei einem solchen Impuls fließt ein elektrischer Strom zwischen den beiden elektrischen Polen „Plus“ und „Minus“.
Bei den unipolaren Schrittmachern liegt nun 1 elektrischer Pol auf der Elektrodenspitze mitten im Herzen und der andere elektrische Pol wird durch das Metallgehäuse des Schrittmachers gebildet (Abb. 13).
Der Strom, der den Herzmuskel zum Schlagen anregen soll fließt also vom Metallgehäuse des Schrittmachers zur Elektrodenspitze. Dabei erregt er nicht nur den Herzmuskel, sondern unter ungünstigen Umständen auch alle anderen elektrisch erregbaren Körpergewebe, durch die der Strom auf seinem Weg zum Herzen fließt, z.B. das Zwerchfell oder den großen Brustmuskel. Wenn nun das Zwerchfell oder der große Brustmuskel ebenfalls elektrisch gereizt werden reagieren sie hierauf ebenso wie der Herzmuskel: Sie zucken. Das ist zwar nicht gefährlich, aber sehr unangenehm.
Abb.14 |
Bipolares System |
Um dieses Problem zu vermeiden hat man sog. „bipolare“ Schrittmacher erfunden.
Bei diesen befinden sich die beiden elektrischen Pole „Plus“ und „Minus“ direkt nebeneinander benachbart auf der Elektrodenspitze (Abb. 14).
Auf diese Weise verhindert man, daß herzfremdes Gewebe von den elektrischen Impulsen des Schrittmachers gereizt werden können, denn der Strom des Schrittmachers fließt nun nur noch innerhalb des Herzens und kein fremdes Gewebe wird mehr durchquert.
Das, was für die Stimulationsfunktion des Schrittmachers gilt ist auch für seine Sensing-Funktion gültig:
Unipolare Schrittmacher können von allen elektrisch aktiven Geweben im Brustkorb beeinflußt werden, bipolare Schrittmacher werden nur noch die elektrischen Signale des Herzens wahrnehmen.
Bipolare Schrittmachersysteme sind erst relativ spät erfunden worden, weil die Elektroden dieser Systeme zunächst sehr viel dicker als die unipolaren Elektroden waren und weil sie sehr viel schneller durchbrechen könnten. Im Laufe der Jahre hat der technische Fortschritt aber die Entwicklung sehr viel dünnerer und sehr viel haltbarer Elektroden ermöglicht, sodaß heute fast nur noch bipolare Herzschrittmacher implantiert werden.
Andere Geräte, wie z.B. die automatischen implantierbaren Defibrillatoren (ICD-Geräte) können, obwohl sie hauptsächlich ganz andere Behandlungsziele verfolgen, auch als Herzschrittmacher arbeiten und ein zu langsam schlagendes Herz bei Bedarf beschleunigen. Sie sollen aber in dieser Broschüre nicht besprochen werden.
Externe Schrittmacher beeinflussen das Herz von außen durch die Brustwand hindurch. Sie werden meistens dazu benutzt, um auf das plötzliche Auftreten einer Herzrhythmusstörung schnell reagieren zu können (das Einpflanzen eines Schrittmachers benötigt etwas Zeit, die man im Notfall oft nicht hat). Meistens stellt die Verwendung eines externen Schrittmachers die erste Notfallmaßnahme bei plötzlicher Verlangsamung des Herzschlages dar, wobei dann später in den meisten Fällen ein dauerhafter Schrittmacher implantiert werden muß.
Für die externe Schrittmacher-Behandlung werden 2 großflächige Elektroden auf die vordere Brustwand aufgeklebt.
Die eine Elektrode befindet sich am unteren Teil des Brustbeins, die andere an der linken Seite des Brustkorbes, etwa am unteren Ende der Rippen. Beide Elektroden werden dann an einen speziellen Herzschrittmacher angeschlossen.
Wenn die elektrischen Impulse von einer zur anderen Elektrode wandern reizen sie das Gewebe zwischen diesen Elektroden. Zu diesen Geweben gehört das Herz, aber auch der äußere Brustmuskel. Wenn der Schrittmacher eingeschaltet wird reizt er somit nicht nur den Herzmuskel, der zum Schlagen angeregt wird, sondern auch den Brustmuskel, der im Takt des Herzens „mitzuckt“.
Dies ist unangenehm, weshalb man solche Systeme nur im Notfall benutzt, wenn keine andere Möglichkeit zur elektrischen Reizung des Herzens besteht und wenn das Herz wirklich bedrohlich langsam schlägt.
Wenn das Problem des sehr langsam schlagenden Herzens nicht schnell und notfallmäßig behandelt werden muß wird man sich daher eher für andere Möglichkeiten der Schrittmacherbehandlung entscheiden, die externe Schrittmacherbehandlung stellt nur eine echte Notfalllösung dar.
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Abb.15 |
Zu diesen anderen Behandlungsmöglichkeiten gehört die vorübergehende interne Schrittmacherbehandlung.
Dabei wird vom Arm, vom Hals oder von der Leiste aus eine dünne Schrittmacherelektrode in eine Vene eingeführt. Die Spitze dieser Elektrode wird unter Sicht eines Röntgengerätes in die rechte Vor- oder Hauptkammer vorgeführt.
Danach wird sie an einen Herzschrittmacher (Abb. 15) angeschlossen, der sich außerhalb des Körpers befindet und der seine elektrischen Impulse durch die Elektrode zum Herzen leitet.
Man benutzt einen solchen vorübergehenden internen Schrittmacher als Überbrückung bis zum Zeitpunkt der endgültigen Schrittmacherbehandlung.
Weil mit diesen Systemen nur das Herz, nicht aber auch der Brustmuskel gereizt wird ist diese Behandlung sehr viel angenehmer als die externe Schrittmacherbehandlung.
Auch die vorübergehende interne Schrittmacherbehandlung ist eine zeitlich begrenzte Behandlungslösung für den Notfall. Wenn sich die Herzrhythmusstörung wieder beseitigen läßt kann man das Schrittmachersystem einfach wieder entfernen, indem man die Elektrode aus dem Herzens herauszieht. Läßt sich die Rhythmusstörung allerdings nicht beseitigen oder besteht zukünftig die Gefahr einer Wiederholung dieser Rhythmusstörung entschließt man sich zur
Hierbei werden in einer kleinen Operation 1 oder 2 Elektroden durch eine Vene des oberen Brustkorbes in die rechte Vor- und/oder Hauptkammer geschoben und deren Spitze dort verankert. Die anderen Enden der Elektroden werden mit dem Schrittmachergerät verbunden und das ganze System unter die Haut eingepflanzt (Abb. 16).
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Abb.16 |
Seit dem Jahr 1974 werden alle Schrittmacher gemäß einer internationalen Absprache mit einem Code bezeichnet, der aus 3 – 5 Buchstaben besteht. Man nennt diesen Code „NBG-Code“.
Jeder dieser Buchstaben kennzeichnet eine bestimmte Arbeitsweise des Schrittmachers. Dabei gelten die folgenden Begriffe:
Stimulieren | Reizung des Herzmuskels durch die Schrittmacher-Impulse |
Sensing | Wahrnehmung der eigenen Aktionen des Herzens |
A | Atrium = Vorkammer |
V | Ventrikel = Hauptkammer |
Trigger | Auslösung eines Schrittmacherimpulses als Antwort auf einen empfangenen Impuls |
Hemmend | Unterdrückung eines Schrittmacherimpulses als Antwort auf einen empfangenen Impuls |
Der Code sieht folgendermaßen aus:
Buchstabe | 1 | 2 | 3 | 4 |
---|---|---|---|---|
Stimulierte Kammer | gesenste Kammer | Antwort auf Sensing | Aktivitäts-steuerung | |
Bedeutung | 0 = keine | 0 = keine | 0 = keine | 0 = keine |
A = Vorkammer | A = Vorkammer | T = Trigger | R = Aktivitätssteuerung | |
V = Ventrikel | V = Ventrikel | I = hemmend | ||
D = beide Kammern | D = beide Kammern | D = Trigger + hemmend |
Beispiele für einen nach diesem Schema benannten Schrittmacher:
Wenn nur 1 Elektrode verwendet wird, die nur 1 Herzkammer anregt benutzen einige Hersteller in dem oben genannten Code anstelle der Buchstaben A oder V nur den Buchstaben S.
Der häufigste Grund zur Implantation eines Herzschrittmachers tritt ein, wenn das Herz zu langsam schlägt. Man nennt diese Herzrhythmusstörung „Bradykardie“.
Normalerweise schlägt das Herz in körperlicher und geistiger Ruhe 50 – 70-mal in der Minute. Während körperlicher Belastung steigt die Herzfrequenz um das 2- bis 3-fach an. Wenn das Herz zu langsam schlägt bekommen das Gehirn und alle anderen Organe des Körpers zu wenig Blut und damit zu wenig Sauerstoff und andere Nährstoffe. Dies führt oft zu bestimmten Beschwerden wie
Bei einer Bradykardie und der dadurch verminderten Blutmenge, die das Herz pumpt, kann es zu einer Unterversorgung des Gehirns und aller anderen Körperorgane mit Blut und den hierdurch hervorgerufenen Symptomen kommen. Ein Herzschrittmacher sorgt in diesen Fällen dafür, daß das Herz wieder schneller schlägt und alle Organe des Körpers wieder ausreichend mit Blut versorgt werden.
Bradykardien können beispielsweise mit zunehmendem Lebensalter „durch einen Verschleiß“ des Sinusknotens, durch bestimmte Erkrankungen, durch Medikamente oder durch eine Krankheit mit dem Namen „Syndrom des kranken Sinusknotens“ entstehen.
Eine andere Ursache für ein zu langsam schlagendes Herz ist eine starke Leitungsverzögerung der Impulse von den Vorhöfen zu den Herzkammer durch den av-Knoten oder sogar der vollständigen Unterbrechung der elektrischen Leitungsbahnen vom Sinusknoten zu den Herzkammern („Herzblock“).
In solchen Fällen werden die Herzkammern nicht mehr von elektrischen Impulsen erreicht, sie bleiben stehen oder schlagen zumindest extrem langsam weiter, was ebenfalls die oben schon beschriebenen Auswirkungen hat. Eine solche Leitungsunterbrechung nennt man „Herzblock“.
Solche „Herzblöcke“ gibt es in verschiedenen Formen, die keinesfalls immer die Einpflanzung eines Herzschrittmachers erfordern, lesen Sie evtl. mehr hierzu in den Infos über die verschiedenen Herzrhythmusstörungen.
Die Einpflanzung des Herzschrittmachers beseitigt beide oben beschriebenen Ursachen einer Verlangsamung des Herzschlages, indem er die zu langsam, schlagenden Herzkammern mit elektrischen Impulsen anregt.
Menschen, die einen langsamen Herzschlag, jedoch keinerlei hierdurch bedingte Beschwerden haben benötigen keinen Herzschrittmacher. Beispielsweise können Hochleistungssportler (Radfahrer, Fußballprofis) Herzfrequenzen von etwa 40/Minute ohne irgendwelche Beschwerden haben. Bei einigen wenigen Menschen kann eine auch nur geringe Verlangsamung des Herzschlages dazu führen, daß bösartige und gefährliche Anfälle zu schnellen Herzschlages auftreten. Auch in diesen Fällen kann die Einpflanzung eines Herzschrittmachers helfen, das Auftreten solcher geringen Verlangsamungen des Herzschlages und die sich hieraus dann in der Folge ergebenden gefährlichen Herzrhythmusstörungen zu verhindern.
Vorhofflimmern: Vorhofflimmern ist eine Herzrhythmusstörung, bei der die Vorkammern des Herzens schnell und chaotisch durcheinander schlagen.
Manchmal kommt es durch die Blockierung der elektrischen Leitungsbahn zwischen den Vor- und den Hauptkammern zum Auftreten eines zu langsamen Schlags der Hauptkammer.
Oft kann es auch geschehen, daß Medikamente, die zur Bremsung der rasenden Vorkammern benutzt werden zur bedrohlichen oder unangenehmen Verlangsamung der Hauptkammern führen.
Ohnmachtsanfälle: Die meisten Ohnmachtsanfälle wirken für die betroffenen Menschen bedrohlich und stellen durch den plötzlichen Bewußtseinsverlust auch eine Gefahr im täglichen Leben dar. Die meisten Fälle werden durch bestimmte Regularisationsstörungen des Blutdruckes hervor gerufen.
Einige wenige Menschen werden aber infolge bestimmter Herzrhythmusstörungen ohnmächtig, die zu einer plötzlich auftretenden Verlangsamung des Herzschlages oder sogar zum vorüber gehenden Herzstillstand führen. Diesen Menschen kann man durch die Einpflanzung eines Herzschrittmachers gut helfen.
Herzschwäche: Als Herzschwäche bezeichnet man einen Zustand, bei dem der Herzmuskel derartig geschwächt ist, daß er den Körper nicht mehr ausreichend mit Blut und Sauerstoff versorgen kann.
Ursachen hierfür können Durchblutungsstörungen des Herzens, Herzinfarkte, Herzmuskelerkrankungen oder Herzklappenfehler sein. Neuartige Herzschrittmacher können hier in einigen wenigen Fällen helfen, indem sie die gestörte Zusammenarbeit der beiden Hauptkammern wieder koordinieren und die Arbeitsweise der Kammern synchronisieren. Daher nennt man diese Form der Schrittmacherbehandlung „Resynchronisations-Therapie“ (CRT-System). Diese Behandlung kann nur einigen wenigen Menschen mit Herzschwäche helfen, die ganz bestimmte Kriterien im EKG und bei der Ultraschalluntersuchung des Herzens aufweisen, ich möchte in diesem eBook hierauf nicht genauer eingehen.
Am häufigsten werden Herzschrittmacher implantiert, wenn die oben genannten Krankheiten bereits aufgetreten sind. Manchmal gibt es aber auch Situationen oder Krankheiten, von denen der Arzt weiß, daß hier irgendwann in Zukunft ein Herzblock auftreten wird. In solchen Fällen kann ein Herzschrittmacher schon prophylaktisch eingepflanzt werden, damit der Mensch im Fall des Eintretens des Herzblocks geschützt ist.
Ganz allgemein gilt, daß Herzschrittmacher nur dann helfen, wenn das Herz zu langsam schlägt. Bei einer Durchblutungsstörung des Herzens infolge verengter Blutgefäße, bei Herzklappenfehlern oder bei fortgeschrittener Herzschwäche, die zu einer verminderten Blutversorgung des Körpers führt können sie nicht helfen.
Auch können Schrittmacher, wenn sie korrekt arbeiten, das Leben nicht künstlich verlängern, denn die kleinen elektrischen Impulse, die der Schrittmacher an das Herz sendet, haben, wenn man stirbt, keinen Einfluß mehr auf das Herz.
Bis auf die Beseitigung der Beschwerden, die durch einen zu langsamen Herzschlag verursacht werden, verursacht der Betrieb eines Schrittmachers keine weiteren Beschwerden, denn er produziert nur einen schwachen elektrischen Strom, der ausschließlich auf das Herz einwirkt und den man nicht wahrnimmt. Dies betrifft allerdings nur die störungsfreie Arbeit eines Schrittmachers. Bei Störungen seiner Funktion kann dies anders sein.
Störungen der Schrittmacherfunktion kann man in mehrere Kategorien einteilen:
Mit Stimulation bezeichnet man die durch einen elektrischen Schrittmacherimpuls ausgelöste Reizung des Herzmuskels. Man erkennt solche Stimulationen an einer schmalen Zacke im EKG.
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Abb.17 |
Stimulationsausfall Der Pfeil kennzeichnet den Zeitpunkt, an dem eine Stimulation hätte erfolgen müssen |
In Abb. 17 sehen Sie eine Form eines Stimulationsausfalls. Zu einem bestimmten Zeitpunkt müßte der Schrittmacher einen Impuls abgeben. Dies erfolgt allerdings nicht, denn im EKG ist an der erwarteten Stelle keine Zacke zu sehen.
Ursachen für solche Stimulationsausfälle können sein:
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Abb.18 |
Ineffektiver Kammer-Schrittmachern |
Auch in Abb. 18 sehen Sie einen Stimulationsdefekt, der sich allerdings von demjenigen in Abb. 17 unterscheidet:
Sie sehen das EKG eines Patienten mit einem 2-Kammer-Schrittmacher. Die Elektroden liegen im rechten Vorhof und im rechten Ventrikel.
Der Vorhof arbeitet selbstständig („Vorhofaktion“ in Abb. 18). Die Vorhofaktion wird vom Schrittmacher bemerkt.
Weil aber kurze Zeit nach diesem wahrgenommenen Vorhofimpuls keine Antwort des Ventrikels erfolgte (infolge eines totalen av-Blocks) feuert der Schrittmacher gemäß seiner Arbeitsweise einen elektrischen Impuls in die Herzkammer ab („SM-Zacke“).
Dieser Ventrikelimpuls wird allerdings nicht durch eine Aktion des Herzmuskels beantwortet. Sie erkennen die Aktion des Ventrikelmuskels in Abb. 18 („Aktion des Ventrikels“), die aber erst sehr viel später als die Schrittmacherzacke auftritt und die daher spontan und nicht durch den Schrittmacherimpuls ausgelöst wurde.
Man nennt dieses Phänomen „ineffektiver Schrittmacherimpuls“.
Verursacht wird ein ineffektiver Schrittmacherimpuls am häufigsten dadurch, daß der Stromimpuls des Schrittmachers nicht mehr stark genug ist, um den Herzmuskel zu aktivieren.
Dies wiederum liegt in der Regel nicht daran, daß „zu wenig“ Strom aus dem Schrittmacher abgegeben wird, sondern daran, daß der Herzmuskel an der Elektrodenspitze elektrisch weniger erregbar ist. Dies kann z.B. durch eine Vernarbung des Herzmuskels an der Stelle der Elektrodenspitze verursacht werden.
Eine andere Ursache ist aber z.B. auch die Gabe bestimmter Medikamente gegen Herzrhythmusstörungen, die die Reizbarkeit des Herzmuskels vermindern.
Daher ist es erforderlich, die sog. Reizschwelle des Schrittmachers nach der Gabe solcher Medikamente kurzfristig zu überprüfen.
Damit Schrittmacher auf die eigenen Vorhof- und Ventrikelaktionen des Herzens reagieren können müssen sie diese Eigenaktionen wahrnehmen können. Diese sog. Sensing-Funktion kann auf 2 Weisen gestört sein:
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Abb.19 |
In diesen Fällen erkennt der Schrittmacher die Eigenaktionen des Herzens nicht.
Dadurch wird der Schrittmacher gemäß seiner Bedarfsfunktion veranlaßt, einen Impuls abzugeben, obwohl dies eigentlich nicht nötig wäre.
In Abb. 19 sehen Sie ein Beispiel:
Sie sehen das EKG mit einem av-Block 1. Grades (d.i. eine zeitliche Verzögerung der Impulsüberleitung von den Vorhöfen in die Ventrikel) und einen Rechtsschenkelblock (siehe auch eBook über Herzrhythmusstörungen).
Sie sehen die Stimulationsimpulse des Ventrikels, die aber nicht von den elektrischen Aktionen der Ventrikel gefolgt werden, d.h. daß die Elektrode ineffektiv arbeitet (siehe oben).
Gleichzeitig sehen Sie aber auch, daß die Stimulationsimpulse auftreten, ohne daß eine Abhängigkeit von den eigenen Aktionen des Herzens bestünde.
Im 3. Herzschlag sehen Sie u.B. einen Stimulationsimpuls, der unmittelbar nach einen Eigenaktion der Ventrikel auftritt, obwohl er durch die vorausgegangene Ventrikelaktion eigentlich hätte unterdrückt werden müssen. Der Schrittmacher hat diese Ventrikelaktion also nicht wahrgenommen.
Dieses Phänomen nennt man Undersensing (d.i. zu geringe Wahrnehmung).
Beim Undersensing treten die Schrittmacherimpulse vollkommen unabhängig von der Aktionen der Vorkammern (P-Welle im EKG) und der Aktionen der Ventrikel (QRS-Komplex im EKG) auf. Dadurch sieht man im EKG zuviele Schrittmacherimpulse wie in Abb. 19).
Udersensing kann verursacht werden
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Abb.20 |
Wenn die Wahrnehmungsfunktion des Schrittmachers zu empfindlich ist führt dies dazu, daß elektrische Impulse fälschlicherweise wahrgenommen werden, was zur Unterdrückung eines Schrittmacherimpulses führt, der eigentlich hätte abgegeben werden müssen.
Sehen Sie ein Beispiel in Abb. 20.
Sie sehen das EKG eines Patienten einem 1-Kammer-Schrittmacher und der Elektrode im Ventrikel.
Das Herz schlägt im Sinusrhythmus, d.h. daß die Vorkammern regelrecht arbeiten (kleine P-Wellen im EKG).
An der Stelle, die mit einem Pfeil gekennzeichnet ist hätte eigentlich eine Stimulation des Ventrikels stattfinden müssen, die aber ausgeblieben ist. Dies läßt vermuten, daß die P-Welle, d.h. die elektrische Aktion der Vorkammern, fälschlicherweise von der Ventrikelelektrode wahrgenommen wurde, was den Schrittmacher gemäß seiner Bedarfsfunktion von der Abgabe eines Ventrikelimpulses abgehalten hat. Die Elektrode im Ventrikel ist zu empfindlich eingestellt worden, sodaß sie die elektrische Aktion der Vorkammer wahrgenommen hat.
Dieses Phänomen nennt man Oversensing (d.i. zu große Empfindlichkeit).
Es führt zu Unterdrückung von Schrittmacherimpulsen zu einem Zeitpunkt, zu dem eigentlich einer Schrittmacherstimulation notwendig gewesen wäre.
Jeder elektrische Impuls aus dem Herzen, aber auch aus der Muskulatur der Brustwand oder aus anderen elektromagnetischen Quellen (z.B. Elektrogeräte) können ein solches Oversensing verursachen. Auch Brüche der Elektrode oder Defekte ihrer Isolation können solche Störimpulse verursachen, die dann vom Schrittmacher fälschlicherweise als Herzaktion erkannt werden.
In diesem Zusammenhang sind vor allem die sog. unipolaren Schrittmacherelektroden von Bedeutung, ich bin etwas weiter oben auf die Polarität von Schrittmachersystemen schon darauf eingegangen.
Wenn zwischen den beiden Polen eines Schrittmachersystems Strom fließt kommt es zu einer elektrischen Erregung der Herzmuskelzellen. Hierauf basiert die Stimulationsfähigkeit eines Schrittmachers.
Aber auch die Wahrnehmung von eigenen elektrischen Herzaktionen wird über die Elektrode wahrgenommen. Diese elektrischen Eigenaktionen des Herzens verursachen nämlich einen Strom, der dem Schrittmacher und seiner Elektronik zugeleitet wird.
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Abb.21 |
Wahrgenommen wird dabei eine Spannungsdifferenz zwischen den beiden Polen des Systems. Und hier ist die Polarität des Systems wichtig:
Bei den unipolaren Schrittmachern befindet sich der negative Pol (= Kathode) an der Spitzte der Elektrode innerhalb des Herzens, während der positive Pol (= Anode) das Schrittmachergehäuse selber darstellt (Abb. 21).
Weil der Strom vom negativen zum positiven Pol fließt können alle Gewebe zwischen diesen beiden Polen, also auch die Brustmuskeln, durch diesen Stromfluß erregt werden.
Dies spielt z.B. eine Rolle beim sog. Muskelzucken (siehe unten).
Andererseits bedeutet dies aber auch, daß die elektrische Aktivität aller Gewebe, die sich innerhalb der Straße des Stromflusses befinden, vom Schrittmacher ebenfalls wahrgenommen wird. Wenn sich der Brustmuskel beispielsweise zusammenzieht und dadurch eine elektrische Aktivität verursacht, kann dies vom Schrittmacher fälschlicherweise als elektrische Aktivität des Herzen wahrgenommen und entsprechend mit einer Unterdrückung des Schrittmacherimpulses beantwortet werden.
In Abb. 20 hatten Sie das Beispiel eines solchen Fehlverhaltens des Schrittmachers infolge eines Oversensings gesehen. Man versucht in solchen Fällen, die Wahrnehmungsfunktion des Schrittmachers unempfindlicher einzustellen mit der Absicht, daß der Schrittmacher nur die kräftigen Impulse des Herzmuskels, nicht aber die herzfremden Störimpulse wahrnimmt.
Eine weitere Möglichkeit, um solche Fehlfunktionen des Schrittmachers durch elektrische Impulse von Geweben außerhalb des Herzens zu verhindern ist die Verwendung von bipolaren Elektroden (siehe Abb. 21):
Hier befinden sich der positive und der negative Pol eng beieinander innerhalb des Herzens.
Auch hier fließt der Strom zwischen beiden Polen, die Stromflußstraße ist aber wesentlich kürzer. In Bezug auf die Wahrnehmung des Schrittmachers bedeutet dies, daß sich eigentlich keine elektrisch aktiven Gewebe mehr in der Straße befinden, weshalb die Möglichkeit einer Fehlfunktion des Schrittmachers durch Oversensing wesentlich geringer ist.
Dieses Phänomen betrifft nur 2-Kammer-Schrittmacher. Es tritt auf, wenn eine Elektrode die Reizabgabe der anderen Elektrode empfängt und fälschlich als Aktion der eigenen Elektrode wahrnimmt.
So kann z.B. eine im Ventrikel gelegene Elektrode die Reizabgabe der Vorhofelektrode wahrnehmen und daher die eigene Reizabgabe im Ventrikel unterdrücken. Die Folge wäre, daß der Ventrikel nicht mehr durch den Schrittmacher erregt wird und folglich sehr langsam oder garnicht mehr schlägt.
Damit dies nicht geschieht ist die Elektronik des Schrittmachers so programmiert, daß dann die Sicherheitsfunktion des Gerätes wie bei der Auflage eines Magneten aktiviert wird und der Schrittmacher ohne Wahrnehmungsfunktion mit einer bestimmten Frequenz arbeitet (siehe unten unter „Magnetfunktion“).
Man kann einen Crosstalk verhindern, indem man den Wahrnehmungszeitraum der Ventrikelelektrode für eine bestimmte kurze Zeit ausschaltet, sodaß der Impuls der Vorhofelektrode in die „taube“ Zeit der Ventrikelelektrode fällt und diese sie daher nicht wahrnehmen kann. Man nennt diese Phase, in der die Elektrode nichts wahrnehmen kann, „blanking-Periode“.
Auch dieses Phänomen tritt ausschließlich bei 2-Kammer-Schrittmachern auf.
Voraussetzung hierfür ist, daß der av-Knoten elektrische Impulse nicht nur vom Vorhof in den Ventrikel, sondern auch umgekehrt vom Ventrikel in den Vorhof leiten kann und daß eine ventrikuläre Extrasystole auftritt. Es geschieht folgendes:
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Abb.22 |
Zunächst ausreichend schneller normaler Herzrhythmus ohne Schrittmacher |
Dann Auftreten einer ventrikulären Extrasystole (Pfeil), die eine Schrittmacher-Tachykardie auslöst |
Die Aktivität der im Ventrikel aufgetretenen Extrasystole wird über den av-Knoten rückwärts zurück in den Vorhof übergeleitet und trifft hier auf die Vorhofelektrode.
Die Vorhofelektrode nimmt diesen Impuls als Aktivität des Vorhofs wahr und löst hierüber einen Impuls der Ventrikelelektrode aus (Abb. 22).
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Abb.23 |
Diese Aktivierung des Ventrikels wird wiederum rückwärts über den av-Knoten in den Vorhof übergeleitet, wo sie wiederum auf die Vorhofelektrode trifft, die dann ihrerseits wieder einen Schrittmacher-Ventrikelimpuls auslöst (Abb. 23).
In den meisten Fällen läuft diese Tachykardie endlos weiter bis sie durch vorübergehende Veränderungen an der Arbeitsweise des Schrittmachers z.B. durch Auflage eines Magneten) unterbrochen wird.
Man verhindert solche Schrittmacher-Tachykardien, indem man eine gewisse Zeit einstellt oder verlängert, während der der Schrittmacher keine Impulse wahrnehmen kann („ventrikuläre blanking-Periode“) nennt.
Einige Schrittmacher verfügen über einen Sensor, der dem Gerät anzeigt, daß sich sein Träger gerade körperlich aktiv verhält (siehe oben unter „frequenzvariable Geräte“).
Es besteht die Möglichkeit, daß solche Sensoren nicht korrekt arbeiten, wobei dies keinesfalls immer auf einen technischen Defekt zu beziehen ist. Bei den Vibrationssensoren kann es beispielsweise vorkommen, daß der Sensor bei einem Bauer, der mit seinem Traktor fährt, die Vibrationen des Dieselmotors als Ausdruck körperlicher Aktivität wahrnimmt und eine entsprechende Steigerung der Schrittmacherfrequenz auslöst.
Dies ist unangenehm, denn der Trekkerfahren befindet sich ja in Wahrheit in körperlicher Ruhe, verspürt aber dennoch einen beschleunigten Herzschlag.
Man kann dieses Phänomen ändern, indem man die Aktivitätsschwelle des Sensors umprogrammiert.
Wenn sich eine Vorhof- oder Ventrikelelektrodenspitze lockert kann sie durch die Bewegungen des Herzens mechanisch ausgelöste Extraschläge des Schrittmachers auslösen.
Der Begriff kommt aus dem englischen von to twiddle für ‚aufdrehen‘. Das Problem entsteht, wenn das Schrittmachergerät ......
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