Die Informationen auf dieser Seite finden Sie in Band 32 einer eBook-Reihe der Patienten-Akademie.
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Abb.1 |
Auslösung von Kammerflimmern durch eine ventrikuläre Extrasystole (roter Pfeil). Eine zuvor aufgetretene Extrasystole (1. Zeile) bleibt folgenlos. |
Bei vielen Herzrhythmusstörungen arbeitet der natürliche Schrittmacher des Herzens, der Sinusknoten zwar korrekt, wird aber durch krankhafte Herzrhythmusstörungen überrollt, sodaß er nicht wie normalerweise sein Kommando über das Herz entfalten kann.
Sehen Sie in Abb. 1 sogenanntes Kammerflimmern (für genauere Informationen sehen Sie das eBook über Herzrhythmusstörungen):
Im Beispiel dieser Abbildung ist es dadurch entstanden, daß eine außerplanmäßiger Extraschlag (Extrasystole) zu einem bestimmten Zeitpunkt aufgetreten ist und dadurch das ansonsten geordnete elektrische Zusammenspiel der Millionen anderer Herzmuskelzellen stört. Jetzt arbeitet jede einzelne Herzmuskelzelle alleine vor sich hin, was Sie daran erkennen, daß im EKG keine geregelten Zacken und wellen mehr zu erkennen sind, sondern nur eine chaotische Ansammlung von unterschiedlich gestalteten Zacken. Das Herz bleibt in diesem Augenblick stehen und pumpt nicht mehr.
Dies kann man sich vorstellen wie eine chaotische Soldaten-Truppe:
Der Unteroffizier gibt zwar die Anordnung, daß alle in geordneter Reihe losgehen sollen, aber keiner hört die „Bitte“, weil jedes Mitglied der Truppe laut herum schnattert und mit sich um seinem Nachbarn beschäftigt ist. Erst wenn der Chef laut sagt „Männer, Wochenend-Urlaub ist gestrichen“ sind alle derartig geschockt, daß sie kurz verstummen und eine Sekunde wohl tuenden Schweigens eintritt.
Diese Schock-Sekunde ist nun entscheidend, denn alle hören nun sehr aufmerksam zu; derjenige, der jetzt als erster das Wort ergreift hat gewonnen:
Sagt der Chef in die Stille hinein: „War nur ein Spaß und jetzt alle im Gleichschritt Marsch!“ wird die Truppe loslaufen. Sagt irgendein anderer: „Der spinnt wohl! Auf ihn und gebt´s ihm“ wird eine handfeste Meuterei die Folge sein.
Die Abgabe eines Elektroschocks funktioniert ebenso:
Der Elektroschlag bedeutet für alle bis dahin anarchistisch und chaotisch vor sich hin arbeitenden Herzmuskelzellen einen Schock. Die elektrische Aktivität aller Herzmuskelzellen wird gelöscht und sie verharren kurz in elektrischem Stillstand. In diese Stille fällt normalerweise die elektrische Aktivität des natürlichen Herzschrittmachers, des Sinusknotens als erstes ein und dieser kann nun wieder das Kommando über das Herz übernehmen.
Dieses Prinzip funktioniert in aller Regel gut, solange die dem Sinusknoten untergeordneten Muskelzellen träger sind als der Sinusknoten:
Wie bei dem Unteroffizier ist der Sinusknoten normalerweise der erste, der etwas in der Schocksekunde unternimmt.
Das Prinzip der Elektroschock-Behandlung ist also die Abgabe eines starken elektrischen Impulses, der dazu benutzt wird, um alle Herzmuskelzellen gleichzeitig elektrisch zu „löschen“, um ihnen danach wieder die Gelegenheit zu geben, eigene elektrische Impulse in geregelter Art und Weise aufzubauen.
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Abb.2 |
Früher hat man für diesen Stromimpuls Gleichstrom benutzt, der kurz ein- und wieder ausgeschaltet wurde (Abb. 2 oben).
Diese Art des Stromimpulses nennt man „monophasische Schockform“).
Später hat man erkannt, daß sogenannte biphasische Impulse wirksamer sind.
Hier produziert das Elektroschock-Gerät einen Impuls, der zunächst positiv und dann negativ geladen ist (Abb. 2 unten).
Diese Art des Elektroschocks ist wirksamer und benötigt weniger Energie als die „alte“ Schockform, um die Herzmuskelzellen elektrisch zu „löschen“. Daher arbeiten heute alle Elektroschockgeräte nach dem biphasischen Prinzip.
Die modernen Elektroschock-Geräte können sogar den elektrischen Widerstand messen, der benötigt wird, damit das Herz von einem ausreichend starken Stromimpuls durchströmt wird und passen ihre Schock-Energie diesen Widerstandverhältnissen automatisch an.
Man unterscheidet 2 Formen:
Hier wird einfach nur ein Elektroschock abgegeben.
Diese Form der Schock-Therapie wird nur angewandt, wenn das Herz elektrisch still steht, d.h. bei Kammerflimmern (siehe Infos über „Herzrhythmusstörungen“).
Es gibt Herzrhythmusstörungen, z.B. bei Vorhofflimmern oder Kammertachykardien (siehe Infos über „Herzrhythmusstörungen“) bei denen die Herzmuskelzellen noch elektrisch aktiv sind.
Das Herz mag zwar unregelmäßig schlagen, aber es gibt noch eine Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Zellen und sie arbeiten noch irgendwie koordiniert zusammen, um das Herz pumpen zu lassen.
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Abb.3 |
„Empfindliche“ Phase des EKG (= Vulnerable Phase mit Doppelpfeil markiert |
Bei solchen Rhythmusstörungen wäre es gefährlich, wenn man hier eine „einfache“ Defibrillation durchführen würde:
Der elektrische Impuls des Elektroschocks könnte zufällig in eine sehr empfindliche Phase des elektrischen Ablaufes einfallen (Abb. 3) und hierdurch Kammerflimmern auslösen.
Anders als beim Vorhofflimmern oder bei Kammertachykardien steht das Herz beim Kammerflimmern elektrisch still, d.h. der Kreislauf steht nun vollständig still und der Mensch stirbt. Um dies zu verhindern setzt man den elektrischen Impuls als „Kardioversion“ ein:
Bei einer Kardioversion gibt man den Elektroschock zeitlich ganz gezielt ab, indem man es vermeidet, ihn in der empfindlichen Phase des elektrischen Ablaufes der Herzmuskelzellen abzufeuern.
Dabei benutzt das Elektroschockgerät das EKG des betroffenen Menschen und richtet sich mit der Abgabe des Schocks nach der großen R- oder S-Zacke des QRS-Komplexes (siehe Infos über das „EKG“). Hierdurch wird vermieden, daß der Elektroschock in die oben erwähnte empfindliche (= vulnerable) Phase“ der elektrischen Aktivität des Herzens fällt, wodurch Kammerflimmern ausgelöst werden könnte.
Schon 1775 hat ein Forscher versucht, mit Hilfe von elektrischem Strom Tiere zu betäuben und wieder zum Leben zu erwecken. 1947 wurde erstmalig ein Elektroschock eingesetzt, um gefährliche Herzrhythmusstörungen aus den Herzkammern („Ventrikuläre Rhythmusstörungen“, siehe Infos über „Herzrhythmusstörungen“) erfolgreich zu behandeln.
1962 schließlich gelang es, einen Elektroschock erfolgreich dazu zu benutzen, um Vorhofflimmern wieder in normalen Sinusrhythmus zu überführen (siehe Infos über “Vorhofflimmern”)
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Abb.4 |
Der Elektroschock wird über 2 Elektroden abgegeben, die an ein spezielles Gerät (Defibrillator oder Kardioverter) angeschlossen sind (Abb. 4).
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Abb.5 |
Weil der Stromimpuls des Elektroschocks zwischen diesen beiden Elektroden fließt muß sich das Herz in der Strom-„Strasse“ zwischen beiden Elektroden befinden. Dazu wird die eine der beiden Elektroden vorne auf die Brust und die 2. Elektrode (in Abb. 4 mit „Apex“ beschriftet) auf die linke Seite des Brustkorbes oder auf den Rücken aufgesetzt (Abb. 5).
Weil bei einer Kardioversion EKG-Signale des Herzens zur Auslösung des elektrischen Impulses benötigt werden muß das EKG des Patienten in den Kardioverter eingeleitet werden. Bei einigen Geräten erfolgt diese Einleitung über die Schock-Elektroden, bei anderen Geräten müssen spezielle EKG-Elektroden auf den Körper aufgeklebt und deren Signale über Kabel zum Kardioverter geleitet werden.
Die Schock-Elektroden werden mit einer speziellen Creme bestrichen, die einen optimalen elektrischen Kontakt zwischen der Elektrode und der Haut bewirken. Auch unter optimalen Umständen und mit ausreichendem Kontaktgel erreichen nur etwa 10 – 30 % der abgegebenen Elektroschock-Energie das Herz.
Wenn eine Elektroschock-Behandlung in einer lebensgefährlichen Situation, z.B. bei Kammerflimmern durchgeführt werden muß, ist der betroffene Mensch in aller Regel bereits ohnmächtig und kann von dem Elektroschock nichts mehr spüren. In allen anderen Fällen ist es notwendig, die Behandlung in einer kurzen Narkose über ca. 3 – 5 min durchzuführen. Dies ist notwendig, weil die Abgabe des Elektroschocks sehr schmerzhaft wäre.
Wenn man sich einer Kardioversion unterziehen muß wird man also zunächst eine Infusionsnadel in eine Armvene bekommen, über die Flüssigkeit in den Kreislauf läuft. Danach werden die oben beschriebenen EKG-Elektroden an beide Arme und Beine angeschlossen, das EKG aufgezeichnet und auf einen Monitor übertragen.
Nun wird ein Narkosearzt ein Narkosemedikament durch die Infusionsnadel einspritzen, sodaß der Patient sehr schnell und angenehm einschläft.
Kurz nach dem Einschlafen wird eine Maske auf Nase und Mund gesetzt, über die der Atemluft Sauerstoff zugemischt wird. Eine künstliche Beatmung wie bei längeren Operationen ist in aller Regel nicht erforderlich.
Sofort nach Einsetzen wird der Arzt die Elektroschock-Elektroden fest auf die Brust aufdrücken und das Gerät auslösen.
Wenn die Elektronik des Gerätes das EKG des Patienten erkannt hat wird es den Zeitpunkt der Schockabgabe selber bestimmen. Daher vergeht bei einer Kardioversion zwischen dem Knopfdruck des Arztes und dem Elektroschock immer eine kurze Weile.
Wenn der Elektroschock abgegeben wird .................
Ende der Leseprobe
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