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Sie bekommen die Version dieses eBooks (Band 3 der eBook-Reihe) in verschiedenen Formaten:
Das Herz liegt in der Brust etwas links hinter dem Brustbein (Abb. 1) und ist auf beiden Seiten von den beiden Lungenflügeln umgeben. Es ist etwa so groß wie die Faust seines Trägers. Es hat die Aufgabe, das Blut in die beiden Kreisläufe zu pumpen und den gesamten Blutkreislauf dadurch in Gang zu halten.
Das Herz liegt in der Brust etwas links hinter dem Brustbein (Abb. 1) und ist auf beiden Seiten von den beiden Lungenflügeln umgeben. Es ist etwa so groß wie die Faust seines Trägers.
Es hat die Aufgabe, das Blut in die beiden Kreisläufe zu pumpen und den gesamten Blutkreislauf dadurch in Gang zu halten.
Abb. 2 |
Abb. 3 |
Rot dargestellt ist der linke „große“, blau der rechte „kleine“ Kreislauf |
Wie Sie schon in Band 2 dieser eBook-Reihe ausführlich gelesen haben gibt es einen großen und einen kleinen Kreislauf (Abb. 2 und 3):
Der große oder linke Kreislauf ist dafür zuständig, daß alle Organe unseres Körpers stets mit ausreichenden Mengen frischen sauerstoffreichen Blutes versorgt werden, der kleine oder rechte Kreislauf pumpt das Blut durch die Lungen, sodaß es hier mit Sauerstoff (O2) aufgeladen wird und gleichzeitig eines der Abfallprodukte des Stoffwechsels, das Kohlendioxid (CO2) in die Ausatemluft „ausgeschieden“ wird.
Beide Kreisläufe sind streng voneinander getrennt. Hierzu gibt es innerhalb des Herzens Trennwände zwischen beiden Vor- und beiden Hauptkammern. Die Trennwand (= Septum) zwischen der rechten und der linken Hauptkammer nennt man interventriculäres Septum (= IVS), die andere Trennwand zwischen der rechten und der linken Vorkammer wird als interatriales Septum (= IAS)) (Abb. 4) bezeichnet.
Abb. 4 |
Erneut ein Bild von Patrick Lynch, das ich allerdings verändert habe: Die Teile des rechten Herzens sind in blau, diejenigen des linken Herzens in rot gekennzeichnet. |
Normalerweise sind diese Trennwände 100%ige dicht, bei bestimmten (meistens angeborenen) Herzfehler haben sie aber Löcher, was logischerweise zu einer Vermischung des sauerstoffarmen und -reichen Blutes führt und ebenso zu einer erheblichen Veränderung der Blutflüsse und Blutdrücke in beiden Vor- bzw. Hauptkammern führen kann, was Sie verstehen werden, wenn Sie Band 4 über die „Regulierung des Kreislaufs“ und evtl. auch den Band über die angeborenen Herzfehler gelesen haben werden.
Abb. 5 |
Um seine Aufgabe erfüllen und Blut in 2 Kreisläufen pumpen zu können benötigt das Herz verschiedene „Einzelteile“:
Einzelne dieser Bestandteile kann man schon von außen erkennen (Abb. 4), andere erst dann, wenn man das Herz öffnet (Abb. 5). Im weiteren Verlauf dieses eBooks werden Sie die einzelnen Bestandteile noch genauer sehen.
Abb. 6 | Abb. 7 |
Dies ist ein Bild von Patrick Lynch, das ich allerdings verändert habe: Die Teile des rechten Herzens sind in blau, diejenigen des linken Herzens in rot gekennzeichnet. | Erneut ein Bild von Patrick Lynch, das ich allerdings verändert habe: Die Teile des rechten Herzens sind in blau, diejenigen des linken Herzens in rot gekennzeichnet. |
Das Herz sieht von außen wie ein einziges, solides Organ aus (Abb. 6). Wenn man es jedoch öffnet erkennen Sie, daß es aus insgesamt 4 Kammer besteht, nämlich den beiden Vor- und den beiden Hauptkammern (Abb. 7).
Jede dieser Vor- und Hauptkammern ist einem der beiden Kreisläufe zugeordnet: Zum
Abb. 8 |
Ein Bild von Patrick Lynch, das ich allerdings verändert habe, indem ich einige Strukturen bezeichnet und markiert habe. |
In den rechten Vorhof münden die obere und die untere Hohlvene.
Sie nehmen das sauerstoffarme (venöse) Blut auf und leiten es weiter in den rechten Ventrikel.
Wenn sie den rechten Vorhof eröffnen (Abb. 8) können Sie die Einmündungsstellen der beiden Hohlvenen sofort erkennen.
Neben diesen beiden Einmündungen sehen Sie 3 weitere Strukturen, nämlich
Abb. 9 |
adaptiert nach Henry Gray (1827 - 1861) |
Hier münden die Herzvenen, d.h. diejenigen Gefäße, die das venöse Blut des Herzmuskels transportieren. Sie sehen diese Herzvenen nur an der Rückseite des Herzens (Abb. 9).
Damit ist das Herz das einzige Organ, das einen eigenen Kreislauf besitzt; alle anderen Organe entsorgen ihr verbrauchtes venöses Blut bekanntlich über die Körpervenen.
Die Versorgung des Herzmuskels mit frischem sauerstoffreichem Blut erfolgt über die Herzkranzgefäße (= Koronararterien), die ich etwas später in diesem Band besprechen werde.
Die Koronararterien entspringen herznahe aus der Hauptschlagader (Aorta) unmittelbar hinter der Aortenklappe. Die „Entsorgung“ des Herzmuskels erfolgt über die Herzvenen.
Es gibt mehrere Herzvenen (V. cordis magna, V. cordis media und V. cordis parva), die man ebenfalls nur von der Rückseite des Herzens erkennen kann (Abb. 9).
Ebenso wie im großen Kreislauf fließen die zahlreichen kleinen dünnen Venen (Vv. cordis parvae) zu den mittleren Herzvenen (Vv. cordis media) zusammen und diese mittleren Venen, von denen es ebenfalls mehrere gibt vereinigen sich zur großen Herzvene (V. cordis magna), die dann in den Sinus coronarius münden, der schließlich in der Wand des rechten Vorhofs endet (Abb. 10)
(Abb. 10: Schematische Darstellung der verschiedenen Herzvenen. Ansicht von der Vorder- (links) und der Rückseite (rechts) des Herzens. Bitte nicht die einzelnen Namen auswendig lernen, die ist etwas für Ärzte. Sehen Sie einfach, was es so alles gibt!)
Abb. 11 | Film 1 |
Bedeckt wird diese Einmündungsstelle teilweise durch eine Klappe (Abb. 11 und Film 1).
Man nennt sie THEBESI´sche Klappe.
Sie hat keinerlei Funktion, kann aber Schwierigkeiten verursachen, wenn man bestimmte Herzschrittmacher verwenden möchte und eine Elektrode in den Sinus coronarius einführen möchte.
Die Klappe ist ein Überbleibsel aus der embryonalen Entwicklung des Herzens und des Kreislaufes. Etwa 75% des Blutes, das durch die Herzkranzgefäße zum Herzmuskel strömt und ihn mit frischem Blut versorgt fließt durch das beschriebene Venensystem des Herzens wieder zum rechten Vorhof. Die verbleibenden 25%, vor allem das venöse Blut aus den beiden Vorkammern des Herzens gelangen durch direkte Verbindungen kleiner und kleinster Venen direkt in die rechte Vorkammer.
Abb. 12 |
Ein Bild von Patrick Lynch, das ich allerdings verändert habe, indem ich einige Strukturen bezeichnet und markiert habe. |
Die Fossa ovalis (Abb. 12) ist eine rundlich-ovale Struktur in der Mitte der Trennwand zwischen der rechten und linken Vorkammer (Septum interatriale).
Es handelt sich dabei um ein Überbleibsel aus der embryonalen Entwicklung des Herzens. Hier war nämlich während der Zeit, in der das Kind im Mutterleib lebte eine Öffnung und damit eine Verbindung zwischen den beiden Vorkammern, das sog. Ostium secundum.
Diese Öffnung hatte die Aufgabe, das Blut aus dem rechten in den linken Vorhof umzuleiten und es damit daran zu hindern, durch die (während dieser Entwicklungsphase) noch funktionslosen Lungen fließen zu lassen (ein weiterer Baustein dieses „Umleitungssystems“ war der Ductus BOTALLI).
Wenn Sie sich genauer für die Entwicklung des Herzens während der Phase innerhalb des Mutterleibs interessieren: Klicken Sie hier, um ein eBook über die embryonale Entwicklung des Herzens zu bekommen (aber Achtung: Dieses eBook ist eigentlich für Ärzte geschrieben worden).
Noch während der Phase innerhalb des Mutterleibs hat sich im Bereich dieser Öffnung von der Seite der linken Vorkammer eine dünne Membran gebildet, die das Ostium secundum abgedeckt hat, aber noch nicht mit dem Septum verwachsen ist.
Diese Membran arbeitete als eine Art Ventil, das dem Blut den Übertriff vom rechten in den linken Vorhof gestattete, den Übertriff von links nach rechts aber verhinderte.
Mit dem 1. Atemzug legt sich diese Membran fest an das Septum an und verwächst mit diesem bei den meisten Menschen. Bei einigen Menschen findet diese Verwachsung aber nur unvollständig oder sogar überhaupt nicht statt, sodaß die Öffnung bei diesen Menschen zeitlebens ventilartig verschlossen wird. Bis auf wenige Ausnahmen ist dies ohne Bedeutung, nur in bestimmten Fällen (z.B. beim Unterwasser-Tauchen) kann hieraus ein Problem entstehen (siehe in den eBooks über angeborene Herzfehler).
Die Membran, die beweglich über dem Ostium primum liegt bzw. mit dem Septum fest verwachsen ist besteht aus Bindegewebe, während die Wand der Vorkammer ansonsten ausschließlich aus Muskulatur befindet. Daher hat die Fossa ovalis eine blaß-weiße Farbe, während die Wände der Vorkammern ansonsten rot sind.
Abb. 13 |
Abb. 14 |
Herzansicht von vorne nach: Blausen Medical Communications, Inc. |
Eine weitere Struktur, die man im geöffneten rechten Vorhof (Abb. 13) (und auch an der Außenseite des Herzens (Abb. 14) sieht ist das rechte Herzohr.
Es handelt sich dabei um eine unterschiedlich gestaltete, mal flache und mal etwas tiefere Auswölbung der Vorhofwand, die sich (von außen betrachtet) über die Wurzel der Aorta legt.
Sie ist ein Überbleibsel aus der embryonalen Entwicklung des Herzens.
Nach innen, zum Vorhof hin, wird das Herzohr durch eine feine Leiste vom sonstigen Innenraum des Vorhofes abgegrenzt (= Crista terminalis).
Während die Wand des rechten Vorhofes innen ansonsten glatt ist finden sich im rechten Herzohr zahlreiche Muskelbälkchen (Trabekel).
Auch der Sinusknoten des elektrischen Systems des Herzens befindet sich im rechten Vorhof und zwar in unmittelbarer Nähe der Einmündungsstelle der oberen Hohlvene. Er ist aber in den Herzmuskel eingebettet, weshalb man ihn auch bei Betrachtung des Vorhofes von innen nicht sehen kann.
Abb. 15 |
Bild von Patrick Lynch, das ich allerdings verändert habe: Die Teile des rechten Herzens sind in blau, diejenigen des linken Herzens in rot gekennzeichnet. |
Die rechte Hauptkammer liegt unterhalb der rechter Vorkammer, mit der sie über eine Öffnung verbunden ist (Abb. 15). In dieser Öffnung befindet sich die Tricuspidalklappe, die als Ventil dafür sorgt, daß Blut nur aus der rechten Vorkammer in den rechten Ventrikel, nicht aber in umgekehrter Richtung fließen kann.
Als Trennwand zwischen dem rechten und dem linken Ventrikel dient das Septum interventricularis, das Ventrikelseptum. Es besteht ganz überwiegend aus Herzmuskulatur; lediglich in einem kleinen nach vorne und oben gelegenen Teil besteht diese Trennwand aus Bindegewebe (Pars membranacea), das ein Überbleibsel der embryonalen Entwicklung des Herzens ist.
Abb. 16 |
Um von der Tricuspidalklappe in die Lungenschlagader zu gelangen muß das Blut innerhalb des rechten Ventrikels V-förmige fließen (Abb. 16):
Dabei strömt es zunächst aus der Tricuspidalklappe abwärts in Richtung der Spitze der Kammer und kehrt hier um, um wieder nach oben in Richtung auf die Lungenschlagader zu fließen, die es erreicht, nachdem es die Ausgangsklappe des Ventrikels, die Pulmonalklappe passiert hat.
Gemäß dieses Blutstroms gibt es im rechten Ventrikel eine Einfluß- und eine Ausflußbahn oder, wie es Ärzte formulieren: Einen Einfluß- und einen Ausflußtrakt.
Die Ausflußbahn hat eine glatte Oberfläche, während die Wand des Einflußtraktes zahlreiche Muskelbälkchen (= Trabekel) trägt (Abb. 17, Film 2) und daher grob und unregelmäßig wirkt.
Abb. 17 |
Bild von Patrick Lynch, das ich allerdings verändert habe |
Film 2 |
Film der Fa. Medtronic |
Abb. 18 |
Bild von Patrick Lynch, das ich verändert habe |
Diese unterschiedlich dicken Muskelbälkchen sind von Mensch zu Mensch verschieden und derartig individuell ausgestaltet wie Fingerabdrücke (sie sind bei polizeilichen Fahndungsmaßnahmen nur schwer einsetzbar). Einige dieser Trabekel tragen an ihrer Spitze viele dünne Sehnenfäden (= Chordae tendineae), die mit den Segeln der Klappenränder der Tricuspidalklappe verbunden sind (Abb. 18).
Man bezeichnet diese speziellen Muskelbälkchen als Papillarmuskel. Sie und die an ihnen befestigten Sehnenfäden sind für den Schluß der Tricuspidalklappe besonders wichtig.
Aufgabe: Aufnahme des Blutes aus den Lungenvenen
Grundsätzlich ähnelt der linke Vorhof im Aufbau demjenigen des rechten Vorhofes.
Seine Wände bestehen nahezu ausnahmslos aus dünnem Herzmuskel und nur die Fossa ovalis ist an ihrer weißen Färbung und dem umgebenden flachen Randwulst zu erkennen.
Neben der Fossa ovalis (siehe unter „rechter Vorhof“) erkennt man im Inneren des linken Vorhofes
Abb. 19 |
Ansicht des Herzens von hinten nach: Bruce Blaus |
Abb. 20 |
Bild von Patrick Lynch, das ich verändert habe |
Die Lungenvenen laufen von hinten auf den linken Vorhof zu und können daher nur von der Rückseite des Herzens gesehen werden (Abb. 19).
Es gibt in der Regel 4 solcher (Abb. 20). Sie spielen bei der Entstehung einer Herzrhythmusstörung namens Vorhofflimmern eine große Rolle, weshalb hier auch bestimmte Behandlungen (Ablation) durchgeführt werden.
Es handelt sich ebenso wie das rechte Herzohr um eine Vorwölbung der Wand der Vorkammer, die ihr Entstehung der embryonalen Entwicklungsgeschichte des Herzens verdankt.
Abb. 21 |
Bild von Patrick Lynch, das ich verändert habe |
Das linke Herzohr ist großer als das rechte. Während das rechte Herzohr oft nur eine mehr oder weniger tiefe Mulde in der Vorhofwand darstellt ist das linke Herzohr meisten sack- oder schlauchförmig ausgebildet (Abb. 21).
Weil das Blut innerhalb eines solchen Sackes nicht sehr schnell fließt und weil die Wand des Herzohrs oft mit feineren Muskelbälkchen unregelmäßig strukturiert ist können sich hier oft Blutgerinnsel bilden. Wenn sich diese Gerinnsel lockern und von der Wand ablösen gelangen sie in die linke Vorkammer, von hier aus in den linken Ventrikel und die Aorta, von wo aus sie nach dem Zufallsprinzip in nahezu jedes Organ schwimmen können (Embolie). Hier verstopfen sie dann kleinere Blutgefäße, was je nach dem betroffenen Organ schwerwiegende Konsequenzen (z.B. in Form eines Schlaganfalls) hat. Man versucht daher in bestimmten Situationen, das linke Vorhofohr mit bestimmten Kathetertechniken zu verschließen und zu versiegeln.
Abb. 22 |
Erneut ein Bild von Patrick Lynch, das ich allerdings verändert habe |
Der linke Ventrikel ist über eine Öffnung mit dem linken Vorhof verbunden (Abb. 22).
Auch hier befindet sich eine Klappe (Mitralklappe), die als Ventil dafür sorgt, daß Blut nur vom linken Vorhof in den linken Ventrikel, aber nicht umgekehrt fließen kann.
Ebenso wie beim rechten Ventrikel besteht die Wand der linken Hauptkammer ganz überwiegend aus Herzmuskulatur, die aber etwa doppelt so dick wie diejenige der rechten Hauptkammer ist. Dies ist erforderlich, weil der linke Ventrikel zuständig ist für die Blutversorgung des gesamten Körpers und hierzu einen wesentlich höheren Blutdruck als der rechte Ventrikel produzieren muß.
Abb. 23 |
Bild von Patrick Lynch, das ich verändert habe. |
Auch die Trennwand zwischen linker und rechter Hauptkammer, das Septum interventriculare, besteht aus Muskulatur. Nur in seinem vorderen oberen Bereich besteht sie überwiegend aus Bindegewebe (Pars membranacea) (Abb. 23), was sich aus der embryonalen Herzentwicklung erklärt. Die Pars membranacea ist etwas blasser rötlich oder sogar weißlich gefärbt.
Abb. 24 |
Auch im linken Ventrikel fließt das Blut vom linken Vorhof kommend V-förmig durch die Kammer: Zunächst durch die Mitralklappe nach unten in Richtung auf die Spitze der Kammer, wo es umkehrt, um dann wieder nach oben durch die Aortenklappe in die Aorta zu fließen (Abb. 24).
Dementsprechend gibt es auch im linken Ventrikel einen Ein- und einen Ausflußtrakt.
Abb. 25 |
Anders als beim rechten Ventrikel haben Ein- und Ausflußtrakt des linken Ventrikels innen relativ kräftige Muskelwülste (Trabekel) (Abb. 25).
Unter bestimmten Umständen (z.B. Verdickung der Ventrikelwände bei arterieller Hochdruckkrankheit, bei bestimmten Herzmuskelerkrankungen (den sog. hypertrophischen Kardiomyopathien) oder bei einer angeborenen Erkrankung (Noncompaction-Kardiomyopathie) sind die Trabekel besonders zahlreich und dick. Bei anderen Herzerkrankungen (z.B. der dilatativen Kardiomyopathie) sind die Muskelbälkchen im Gegenteil besonders flach.
Abb. 26 |
Bilder von Patrick Lynch, die ich zusammengefügt und verändert habe |
Unabhängig von den Trabekeln im gesamten linken Ventrikel enthält auch der linke Ventrikel Papillarmuskeln. Die an ihnen befestigten Sehnenfäden sind mit den Segeln der Mitralklappe verbunden und sorgen damit für die Schlußfähigkeit der Klappe.
Anders als beim rechten gibt es aber im linken Ventrikel bei jedem Menschen 2 solcher Papillarmuskel an der vorderen (= vorderer Papillarmuskel) bzw. inneren Ventrikelwand (= hinterer Papillarmuskel).
Weil das Herz im wesentlichen aus Muskulatur besteht ,möchte ich im nächsten Kapitel das Thema „Herzmuskel“ besprechen.
Sie haben nach der bisherigen Lektüre dieses Buches schon gelernt, daß das Herz die Aufgabe hat, den Kreislauf in Gang zu halten, d.h. es muß Blut pumpen. Diese Pumparbeit wird von Muskelgewebe geleistet. Im Grunde genommen ist das Herz also nichts anderes als ein hohler Muskel, der sich in regelmäßigen Abständen zusammen zieht und dabei das Blut, das sich in seinem Inneren befindet ausquetscht.
Im Laufe eines 80 Jahre dauernden Lebens schlägt ein Herz in etwa 4 Milliarden mal, was eine mehr als stattliche Leistung ist, zumal das Herz nicht wie ein technischer Motor in regelmäßigen Abständen gewartet und repariert wird. Mit diesem biologischen Wunderwerk wollen wir uns in diesem Kapitel beschäftigen.
Es gibt verschiedene Muskel-“Sorten“: Den Skelettmuskel, den glatten und den Herzmuskel.
Den Ort, an dem sich Skelettmuskel befindet dürften Sie wissen:
Es handelt sich um den Muskel, der unsere Arme und Beine und überhaupt unser ganzes Skelett bewegt. Diese Muskeln sind über Nervenbahnen an bestimmte Zentren unseres Gehirns angeschlossen, sodaß es möglich ist, diese Muskel bewußt arbeiten zu lassen. Wenn Sie beispielsweise jemanden begrüßen dann können Sie bewußt mit Hilfe der dazu benötigten Muskeln den Arm ausklappen, die Hand öffnen, die Hand des Anderen ergreifen und sie drücken. Sie haben aber die Wahl, denn Sie müssen dem Anderen nicht die Hand geben, was bedeutet, daß solche Tätigkeiten durch bewußte und willentliche Muskelaktionen bewirkt werden.
Glatter Muskel befindet sich in den Wänden von Blutgefäßen und allen anderen Hohlorganen des Körpers, also in der Speiseröhre, der Galle oder der Harnblase. Diese Muskeln können Sie nicht bewußt steuern: Die glatten Muskeln von Blutgefäßen sind dafür zuständig, die Weite der Gefäße zu regeln und Sie haben auch bei aller Anstrengungen nicht die Fähigkeit, die Blutgefäße beispielsweise des rechten Armes zu erweitern und diejenigen des linken Armes zu verengen. Kommen Sie mir jetzt nicht mit irgendwelchen indischen Gurus, die das angeblich können. Ich habe eine naturwissenschaftliche Ausbildung und glaube daher nur an das, was man beweisen kann und ich habe bislang noch von keinem seriösen Guru gehört, bei dem eine solche bewußte Erweiterung von Blutgefäßen zweifelsfrei nachgewiesen worden wäre.
Also: Glatte Muskulatur ist dafür zuständig, unbeachtet von aller geistigen Zuwendung dafür zu sorgen, daß die mechanischen Abläufe eines Körpers glatt und zweckdienlich ablaufen.
Diese Muskel-“Sorten“ unterscheiden sich in ihrem Aufbau und in ihrer Funktion. Ich möchte in diesem Buch nicht auf diese Unterschiede im Einzelnen eingehen, sondern mich mehr oder weniger ausschließlich mit dem Herzmuskel beschäftigen.
Abb. 27 |
Vom Prinzip her sind alle Muskel gleich aufgebaut, denn sie bestehen im Grundsatz aus vielen einzelnen Muskelzellen („Muskelfasern“), die durch Bindegewebe gebündelt werden und an Blutgefäße und evtl. an Nerven angeschlossen sind.
Beim Skelettmuskel (Abb. 27) sind die Muskelzellen mehr oder weniger streng parallel ausgerichtet und durch Bindegewebshäutchen (Endomysium, Peri- und Epimysium) in mehrere Einheiten gegliedert (Muskelfaser ➔ Faszikel ➔ Muskel).
Durch diese Bündelung zahlreicher parallel verlaufender Muskel-“Stränge“ bekommt der Muskel die Kraft, die er benötigt, um ganze Arme oder Beine zu bewegen.
Abb. 28 |
Beim Herzmuskel (Myokard) hingegen sind die einzelnen Muskelfasern miteinander verbunden.
Beim glatten Muskel hingegen handelt es sich um ein irgendwie gestaltetes Geflecht einzelner Muskelzellen, die den Hohlraum eines Organs (z.B. den Darm) umgeben.
Abb. 29 |
Sehen Sie in Abb. 28 den Unterschied zwischen den einzelnen Muskelsorten. Sieht man sich einen quergestreiften Muskel unter dem Mikroskop an (Abb. 29) dann wird man eine sonderbare Streifung des Muskels erkennen.
Wie entstehen diese Streifen?
Sie werden es verstehen, wenn Sie sich einmal den Aufbau einer Muskelfaser ansehen (Abb. 30), wobei es gleichgültig ist, welche Art von Muskelzelle Sie sich ansehen: Das Bauprinzip ist stets dasselbe:
Die wesentlichsten Bestandteile jeder Muskelzelle, sei es einer quergestreiften, einer Herzmuskel- oder einer glatten Muskelzelle sind Eiweiße mit dem Namen „Aktin“ und „Myosin“.
Abb. 30 |
Es sind fadenförmige Gebilde und sie sind dafür verantwortlich, daß sich der Muskel zusammen ziehen kann; wie das funktioniert erkläre ich später.
Die Aktin-Fäden sind an scheibenförmigen Eiweißkörpern (Z-Scheibe) fest verankert, wobei Sie sich die Anordnung dieser so vorstellen müssen, daß ein Myosin-Faden im Mittelpunkt steht und sich eine gewisse Anzahl von Aktin-Fäden kreisförmig um ihn herum befinden (Abb. 30).
Abb. 31 |
Die Aktin-Fäden sind untereinander mit einem dünnen Titin-Faden verbunden und das ganze System von Aktin-, Myosin- und Titin-Fäden wird in der Mitte durch einen Ring (H-Scheibe) zusammengehalten und gebündelt. Ein solches System bezeichnet man als „Sarkomer“ (Abb. 31).
Das Sarkomer ist sozusagen die kleinste Funktionseinheit eines Muskels. Jeder Muskel, gleichgültig, es sich um einen quergestreiften, einen Herz- oder glatten Muskel handelt besteht aus solchen Sarkomeren.
Der Unterschied zwischen den 3 Muskelsorten besteht nun in der Anordnung der Sarkomere innerhalb einer Muskelzelle und in der Anordnung der einzelnen Muskelzellen:
Abb. 32 |
Die wesentlichen Teile eines Sarkomers sind die Aktin- und Myosin-Fäden, denn sie bewirken erst, daß sich der Muskel zusammen ziehen kann. Das geschieht, weil das Myosin feine Köpfchen trägt, die sich zum einen an das Aktin ankoppeln können und die zum anderen die Eigenschaft haben, ein kleine Kippbewegung machen zu können.
Abb. 33 |
Abb. 34 |
Sehen Sie zunächst den Feinaufbau eines Sarkomers mit dem Aktin und den Myosin-Köpfchen in Abb. 33 und dann eine Detailansicht in Abb. 34.
Die Myosin-Köpfchen koppeln sich an einem Aktin-Faden an (Abb. 34-2), machen dann eine kleine Nick-Bewegung (34-3), wodurch sich die beiden Fäden gegeneinander verschieben (34-4), lösen sich dann wieder, kippen wieder nach vorne und der Vorgang beginnt aufs Neue.
Stellen Sie sich so vor, wie Sie es in Film 3 sehen:
Film 3 |
Die Finger sind die Myosin-Köpfchen, der Schreibtisch das Aktin.
Für diesen Vorgang benötigen die Muskelzellen Energie und zwar in Gestalt des ATP, das Sie ja schon aus einem vorherigen Kapitel kennen.
Abb. 36 |
Interessanterweise wird das ATP bei diesem Vorgang nicht dazu benutzt, daß sich die Myosin-Köpfchen an das Aktin anlagern und koppeln und auch nicht dafür, daß die Myosin-Köpfchen die Kippbewegung machen. Vielmehr wird das ATP dazu benötigt, das sich das Myosin-Köpfchen wieder vom Aktin löst.
Sehen Sie sich aber zunächst die Akteure dieser Aktion an, die ich in Abb. 35 eingezeichnet habe:
Das Ganze funktioniert folgendermaßen:
Auch das Calcium, das sich am Tropomyosin angelagert hatte verläßt diese Bindungsstelle nun wieder, was zur Folge hat, daß sich das Tropomyosin wieder über die Aktin-Myosin-Bindungsstellen legt und diese für das Myosin-Köpfchen nicht mehr erreichbar ist.
Es versteht sich von selber, daß am Ende des ganzen Vorgangs spezielle Ionenpumpen dafür sorgen, daß die Calcium-Ionen wieder ins endoplasmatische Reticulum zurück transportiert werden und daß ATP wieder aus ADT und Phosphat regeneriert wird.
Sehen Sie den ganzen Vorgang noch einmal als Film in Film 4.
Film 4 |
Jeder dieser Greif- und Schiebevorgänge dauert etwa 10 - 100 msec (= 0.01 - 0.1 sec) und verschiebt das Aktin um etwa 0.000001 mm, also eigentlich eine verschwindend kleine Strecke.
Damit sich ein Muskel deutlich, d.h. sichtbar und zweckdienlich verkürzt müssen viele solcher Greif- und Loslaßvorgänge in kurzer Zeit ablaufen. Dies kann etwa 50mal pro Sekunde erfolgen. Durch diese Vielzahl einzelner Greif- und Loslaßvorgänge kann sich ein Sarkomer um etwa 50% ihrer Länge verkürzen.
Damit sich ein Muskel dennoch wirksam verkürzt (50% eines Sarkomers = 0.001 mm!) sind innerhalb eines Muskels viele Sarkomere und Muskelzellen hintereinander geschaltet und erst die Verkürzung dieser Gesamtheit aller Sarkomere und Muskelzellen läßt den gesamten Muskel sich wirksam zusammenziehen. Dies ist der Augenblick für eine kleine sarkastische Nebenbemerkung. Sie werden nämlich nun verstehen, was es mit der „Leichenstarre“ auf sich hat:
Wenn ein Organismus stirbt dann ist eine der Folgen dieses Sterbens, daß kein ATP mehr produziert wird. Das ATP wird aber u.a. dafür benötigt, um die Myosin-Köpfchen von den Aktin-Fäden zu lösen. Praktisch gesehen bedeutet dies, daß das Myosin am Aktin ankoppelt, sich der Muskel infolge dessen (siehe obige Ausführungen) verkürzt, daß aber kein neues ATP mehr produziert wird, das wieder in das Myosin-Köpfchen eindringen kann, um es vom Aktin zu lösen. Der Muskel bleibt also in einem gespannten Zustand, was man in solchen Fällen „Leichenstarre“ nennt.
So, nun wissen Sie also auch, wie ein Muskel arbeitet und wozu das ATP, das für das Leben und die zahlreichen Funktionen unseres Körpers von so elementarer Bedeutung ist benötigt wird.
Nun behandelt dieses eBook ja das Herz und daher wird es von einem gewissen Interesse sein, wenn Sie erfahren, was der Herzmuskel zu tun hat. Zunächst einmal:
Abb. 43 |
Er funktioniert grundsätzlich ebenso wie Sie dies vorhin gehört haben, d.h. auch der Herzmuskel arbeitet mir Sarkomeren, Greif- und Loslaßbewegungen.
Ein normaler Muskel, z.B. der Biceps am Oberarm (Abb. 43) hat eine bestimmte Richtung, in der er sich zusammenziehen muß, damit der Arm in einer bestimmten Weise bewegt wird. Aus diesem Grund sind „normale“ Skelettmuskeln auch länglich gebaut.
Das Herz hingegen ist ein hohles Organ, dessen Wand aus Herzmuskel besteht. Die Aufgabe dieses Muskels ist es, diese Hohlräume zusammen zu pressen, damit das darin befindliche Blut ausgepumpt wird.
Dieser Vorgang des Zusammenpressen geschieht nun nicht einfach dadurch, daß sich die gesamte Muskulatur beispielsweise der linken Herzkammer zusammen zieht, sondern das Herz bewegt sich in einer relativ komplizierten Dreh- und Kontraktionsbewegung, die man sehen kann, wenn man das Herz im geöffneten Brustkorb mit den Augen eines Herzchirurgen sieht (Film 5).
Film 5 |
Dieser Film wurde von der Fa. Medtronic hergestellt |
Damit das Herz diese spezielle Bewegung ausführen kann sind 2 Voraussetzungen erforderlich:
Die Anordnung der Anordnung der Herzmuskelfasern sehen Sie in Abb. 44.
Abb. 44 |
Die hier eingezeichneten Fasern stellen nicht die einzigen Muskelfasern des Herzens dar, sondern sollen nur die Ausrichtung des Muskeln zeigen. Erst diese spezielle Ausrichtung ermöglicht es dem Herzens, sich in der in Film 5 gezeigten Weise zu bewegen. Und diese Bewegung wiederum ermöglicht es dem Herzen, sich möglichst effektiv zu entleeren.
Sie können dies vergleichen mit einem Aufnehmer, mit dessen Hilfe Sie den Fußboden Ihrer Wohnung säubern:
Wenn Sie einen Aufnehmer in den Wassereimer tauchen und das überflüssige Wasser aus ihm entfernen möchten (Achtung Studenten, Junggesellen und Frisch-Geschiedene: Die Verwendung eines Aufnehmers macht nur Sinn, wenn er feucht, nicht tropf-naß ist!) dann können Sie natürlich den nassen Aufnehmer auf den Boden legen und das Wasser durch Darauftreten oder Daraufspringen herausquetschen. Sie können ihn aber auch auswringen. Letzteres, das weiß ich aus meiner eigenen Studentenzeit, ist die effektivere Methode. Und so ähnlich ist es auch mit den Herzkammern:
Die Dreh-Zusammenzieh-Methode ist wesentlich effektiver als das einfache Zusammenquetschen der Herzkammer durch die gleichzeitige Aktivierung aller Muskeln der Kammerwand. Die in Abb. 44 gezeigte Anordnung der Muskelfasen ist eines der Hilfsmittel, mit denen dies möglich ist.
Das andere Hilfsmittel ist das elektrische System des Herzens, das dafür sorgt, daß die verschiedenen Teile einer Kammer (Vorder-, Hinter und Seitenwand) in einer ganz bestimmten Reihenfolge aktiviert werden. Das elektrische System des Herzen werde ich etwas später beschreiben.
Wie gerade schon erwähnt sollen die Herzklappe dafür sorgen, daß das Blut aus den Hauptkammern immer nur in die gewünschte Richtung fließen. Sie arbeiten dabei als Rückschlagventile, die verhindern sollen, daß Blut dahin zurück gepumpt wird, woher es gerade gekommen ist ...........
Ende der Leseprobe
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